Angelica Kauffmann (1741-1807): Die Trennung Heloïsas und Abaelards

 

Selbstportrait von 1787, Öl auf Lein-
wand, 128x93,5 cm, Uffizien, Florenz
Angelica Maria Anna Catharina Kauffmann
wurde am 30. Oktober 1747 in Chur in der Schweiz als Tochter des Kunstmalers Joseph Johann Kauffmann geboren. Schon in jungen Jahren erhielt das begabte Mädchen von ihrem Vater eine professionelle Ausbildung in Kunstmalerei und Radierung; sie durfte sogar an seinen Werken mitarbeiten. Die Familie Kauffmann - der Name wird in der englischen und französischen Literatur wegen des verkannten Querstrichs über dem letzten -n- fälschlicherweise oft als Kauffman geschrieben - stammte ursprünglich aus dem Bregenzer Wald. Zwischen 1742 und 1757 wechselte die Familie nach Italien, kehrte jedoch im Jahre 1757 nach Norden zurück - nach Schwarzenberg im Bregenzer Wald in Österreich.

Mit fünfzehn Jahren - im Jahre 1762 - brach Angelica Kauffmann zu einer längeren Italienreise auf, welche sie zunächst nach Florenz und im darauf folgenden Jahr nach Rom führte. Bis 1765 schlossen sich weitere Italienreisen an, u. a. nach Mailand, Venedig, Neapel und Florenz. Bereits als Achtzehnjährige - im Jahre 1765 - wurde Angelica Kauffmann Mitglied der Accademia di San Lucca in Rom; im Jahr darauf begleitete sie Lady Wentworth nach England. Zu diesem Zeitpunkt war die Schweizerin bereits eine angesehene Künstlerin, welche nun durch Sir Joshua Reynolds eine weitere Ausbildung erhielt. In den englischen Adelskreisen genoss Frau Kauffmann wegen ihrer Portraitdarstellungen und Radierungen in Bälde einen hervorragenden Ruf. Unter dem Einfluss des englischen Romantizismus malte sie u. a. nach literarischen Motiven von Alexander Pope und Laurence Sterne. Bis 1781 lebte die Künstlerin in London; sie war die einzige weibliche Person ihrer Zeit, welche als Gründungsmitglied in die Royal Academy of Arts aufgenommen wurde. Im Jahre 1781 heiratete sie schließlich den venezianischen Maler Antonio Zucchi, 1726-95, der damals mit den Gebrüdern Robert und James Adam in England arbeitete. Bei ihrer gemeinsamen Umsiedelung nach Rom im Jahre 1781 wurde Angelica Kauffmann auch noch Mitglied der Akademie von Venedig. Von 1781 bis zu ihrem Tode am 5. November 1807 lebte und wirkte die Künstlerin ausschließlich in Rom. Ihr Domizil wurde nun zum Treffpunkt der in Rom ansässigen deutschsprachigen Maler und anderer Persönlichkeiten des deutschen Kulturlebens - vor allem des Archäologen und Kunstkritikers Johann Joachim Winckelmann und des deutschen Dichterfürsten und Staatsmanns Johann Wolfgang von Goethe. Mit letzterem verband Frau Kauffmann eine tiefe Freundschaft; Goethes Abreise nach Weimar stellte eine schmerzliche Zäsur in ihrem Leben dar.

Selbstportrait, Frau Kauffmann unschlüssig  zwischen den Musen der Mu-
sik und Malerei, 1791, Öl auf Leinwand, 147x216 cm, in Privatbesitz.
Angelica Kauffmann war eine schon zu Lebzeiten sehr populäre Künstlerin, welche allegorische, mythologische, historische und literarische Themen in ihren Gemälden verarbeitete. Ihre besondere Spezialität war die Portraitmalerei; sie schuf u. a. auch ein Portrait ihres Freundes Johann Joachim Winckelmann (1764, heute Kunsthaus Zürich), außerdem zahlreiche Selbstbildnisse. Angelica Kauffmann malte im sentimentalen Stil des 18. Jahrhunderts - mit Elementen des Rokoko. In den Bildern ihrer frühen römischen Epoche dominierte die Zeichnung über die Flächenmalerei, auch in Anspielung an die Ästhetik des Neoklassizismus. Mitunter lehnte sie sich an Vorlagen des Malers A. R. Mengs an, mit dem sie ebenfalls persönlich befreundet war. Später neigte Frau Kauffmann in den überwiegend mythologischen Motiven zum Perfektionismus im Detail und zur theatralischen Inszenierung. Ihre Werke bildeten die Vorlage für zahlreiche Kupferstiche anderer Künstler. Dadurch fanden vor allem ihre mythologischen Szenen weite Verbreitung; häufig dienten sie auch als Motivressource für Porzellanmanufakturen.

Wohl angeregt durch den zu ihrer Zeit sehr populären Briefwechsel Heloïsas und Abaelards und die literarische Arbeit Alexander Popes  - bearbeitete Frau Kauffmann auch eine ganze Reihe von Motiven aus dem Leben des Paares, die sich heute in diversen Museen und Galerien - auch als Kupferstiche - wieder finden. Einige besonders schöne Exemplare können heute im Musée du Vieil Argenteuil und im Musée Pierre Abélard in Abaelards Heimatort Le Pallet bewundert werden. Das bekannteste Kunstwerk aus diesem Bilderzyklus befindet sich heute in Russland:

 

Die Trennung Heloïsas und Abaelards, Öl auf Leinwand, 1780, 65,6 x 65,5 cm, Eremitage, Sankt-Petersburg

 

Die Gemälde Angelka Kauffmanns dienten des öfteren zeitgenössischen Kupferstechern als Vorlage. Folgendes Blatt wurde von dem bekannten Graveur G. Scorodomoff nach obigem Vorbild um 1800 gestochen und von Anthony Molteno unter dem Titel The Parting of Abelard and Eloisa im Jahre 1803 in London herausgegeben. Der schwarz-weiße, ovaläre Punktierstich von 35,5 x 29 cm Größe ist sehr detailgetreu angefertigt, strahlt aber wegen der technisch begründeten, seitenverkehrten Darstellung nicht die kompositorische Qualität des Originals aus. Der Herausgeber Anthony Molteno war als Druckwarenhersteller und Buchhändler in den Jahren zwischen 1789 und 1830 publizistisch in London tätig und tat sich auch als Kunstsammler hervor.

 

Detail:

 


[Zurück zur letzten Seite] [Zum Seitenanfang]