F. Picavet: Roscelin -Philosoph und Theologe

Der Philosoph und Theologe Roscelin von Compiègne war bekanntlich einer der Lehrer, die Peter Abaelard in jungen Jahren unterrichtet haben. Jahrzehnte später richtete Peter Abaelard an den Bischof von Paris einen angriffslustigen Brief über seinen früheren Lehrer, in dem er ihn als Ketzer und Feind des Christentums brandmarkte. Daraus - und aus den ebenfalls bekannten Aussagen Anselms von Canterbury - entstand im Laufe der Jahrhunderte ein Bild des Roscelin von Compiègne, welches ihm einerseits eine Schlüsselrolle im so genannten Universalienstreit zuschrieb, andererseits ihn als Vertreter eines extremen Nominalismus bezeichnete. Dieses Bild war im Laufe der Zeit von vielen Kommentatoren noch ausstaffiert und verbrämt worden, so dass zuletzt die historische Person des Roscelin bis zur Unerkenntlichkeit verzerrt war. Erst als Schmeller Mitte des 19. Jahrhunderts in einem frühmittelalterlichen Codex aus dem Kloster Benediktbeuern einen bis dato unbekannten Brief des Philosophen an seinen einstigen Schüler Abaelard entdeckt hatte, in dem er sich ausführlich gegen die Invektiven seines einstigen Schülers wehrte, setzte ein gewisses Umdenken ein.

Heute ist das Sujet des Nominalismus und die Person des Roscelin von Compiègne von der Fachwissenschaft reichlichst kommentiert und beschrieben. Die wohl derzeit aussagekräftigste Übersichtsarbeit stammt von C. Mews, der nach kritischer Revision der zugrunde liegenden Manuskripte die bislang erschienenen Arbeiten kommentierte und zu einer differenzierten Beurteilung der Bedeutung des Roscelin kam. Wer sich etwas genauer mit dem Thema beschäftigen will, sei die Lektüre dieser Arbeit, die zweiteilig 1991 und 1998 erschien, empfohlen: AHDLMA 58 (1991), 55-81 und 65 (1998), 39-90. Der Autor kam aufgrund der Datenlage und eines von ihm entdeckten anonymen Manuskriptes, welches er Roscelin von Compiègne zuschrieb, zu dem Schluss, dass die polarisierte Gegenüberstellung Anselms von Canterbury und Roscelins von Compiègne als Protagonisten des Realismus und Nominalismus nicht nur falsch sei, sondern dass Roscelins umstrittene Trinitätstheorie letztlich sogar Folge eines rationalistischen Denkansatzes war, der von Anselm von Canterbury inauguriert worden war. Abaelard erscheint hier im Lichte eines Mannes, der später die daraus entstandene wissenschaftliche Kontroverse für sich nutzbar machen wollte, indem er die diametralen Standpunkte in einer Art von Synthese auflöste - eine Theorie, welche später mit dem Begriff des Konzeptualismus belegt wurde.

Mews' Schlussfolgerung ist allerdings nicht neu. Sie stammt im Wesentlichen aus einem Aufsatz von F. Picavet vom Anfang des vorigen Jahrhunderts. Picavet hatte erstmalig in einer kritischen Analyse mit den herrschenden Vorurteilen über Roscelin aufgeräumt. Seine Arbeit - so schlicht und wenig erschöpfend sie auch wirken mag - markiert somit eine wissenschaftliche Wende. Trotz des Alters und der Tatsache, dass die meisten in ihr erwähnten Arbeiten über Roscelin mittlerweile als überholt gelten dürfen, ist der 1906 erschienene Artikel auch heute noch lesenswert. Im Übrigen enthält er in Auszügen auch die wichtigsten lateinischen Quellentexte. Deshalb folgt er an dieser Stelle in einer deutschen Übersetzung. Das französische Original steht auf Anfrage zur Verfügung.

Praktische Schule der Hohen Studien - Sektion Religionswissenschaften

ROSCELIN

PHILOSOPH UND THEOLOGE

In Legende und Geschichte [1]

Von

F. PICAVET

Dozent für Dogmengeschichte

Paris - Nationaldruckerei - 1906

Deutsche Übersetzung: © W. Robl, Januar 2002

        Man weiß, welche manchmal seltsamen Transformationen das Mittelalter den Männern des griechischen und lateinischen Altertums zukommen ließ: Seneca war ein Christ, der dem Heiligem Paulus entsprach; Sibylle wurde Seite an Seite neben David und den Propheten angerufen; Vergil, Phidias, Praxiteles waren Hexer und Zauberer; Alexander mit seinen zwölf Pairs sank zum Meeresgrund, stieg in den Himmel auf, durchquerte Wälder von Bäumen, die von Feen bewohnt waren. Aristoteles, Vorgänger Christi in Bezug auf das Naturgesetz, war Taumaturg, Alchimist und Neuplatoniker; für die Verfasser von Fabliaux und die Bildhauer war er "der gesattelte und gezäumte Philosoph", der der schönen Campaspe, "der Geliebten Alexanders", als Rüstzeug diente.
        Die Legende bemächtigte sich sogar der Zeitgenossen: Sie idealisierte und überhöhte den Heiligen Anselm und den Heiligen Franz von Assisi; sie machte aus Friedrich II. ein Abbild des Antichrist. Ein Jahrhundert nach seinem Tod war Karl der Große der Herrscher "Graubart", der - zweihundert Jahre alt - die Götzen anbetenden Sarazenen bekämpfte; dem sich Roland und Oliver, Turpin und Ganelon zugesellten. Gerbert, Abt von Bobbio, Erzbischof von Reims und von Ravenna, dann Papst unter dem Namen Silvester II., galt als Schüler eines arabischen Geisterbeschwörers, dem er die Null entführt und die Bücher geraubt hatte - als ein mächtiger Magier, der durch seinen Pakt mit dem Teufel zu höchsten Würden gelangte, aber seine Seele verlor und vor seinem Tod alle Qualen der Hölle fühlte, ehe er in sie gestürzt wurde.
        Mehr als einmal haben wir hinsichtlich der Männer des Mittelalters ebenso gehandelt. Für Cousin zum Beispiel war Abaelard der Gründer der mittelalterlichen Philosophie, Descartes der Begründer der modernen. De Rémusat ging darüber hinaus: Abaelard verkündete im romantischen Drama, dessen Held er war, ja noch im Sterben die Souveränität der Vernunft, deren künftigen und endgültigen Triumph er damit ankündigte. Nun - die vielleicht am wenigsten bestreitbare Originalität Abaelards bestand darin, mit Alexander von Hales der Schöpfer der scholastischen Methode [2] zu sein, die - begründet auf der Autorität und praktiziert von Thomas von Aquin - erst durch Descartes wieder umgestürzt wurde - nämlich, als er beschloss, nur das als wahr zuzulassen, was er klar als solches erkannt hatte.
        Roscelin war nicht wie sein Schüler durch die Bewunderer Heloïsas dichterisch verbrämt und modernisiert worden, aber seine Lehre und sein Leben wurden ebenfalls fast gänzlich im Laufe der Zeit entstellt.
       

I.

        Aus der Schule von Bec - bereits zur Leuchte geworden durch Lanfranc und Anselm von Canterbury - kamen zwischen 1089 und 1099 die ersten Dokumente über Roscelin hervor. Johannes, vielleicht einer von diesen Mönchen, die die Meister zu ihren Gegnern sendeten, um zu erfahren, was sie lehrten, [3] richtete an Anselm - damals noch Abt von Bec - einen höchst bedeutsamen Brief. [4] Zumindest scheint Anselm die Doktrin Roscelins nur durch diesen gekannt zu haben. Und diejenigen, die später urteilten und Stellung bezogen, nahmen fast immer nur auf diesen Brief Bezug.
        Im Vertrauen auf den Scharfsinn seines Abtes, der fähig war, bezüglich der Heiligen Schrift all die Schwierigkeiten zu lösen, an denen sich andere so sehr festbissen, bat Johannes ihn zum Wohl der christlichen Gemeinschaft, ihm selbst und einigen anderen zu schreiben, was er von den drei Personen der Trinität denke. Denn Roscelin von Compiègne werfe in diesem Zusammenhang folgende Frage auf: Wenn die drei Personen nur eine Sache wären, wenn sie nicht drei Sachen in sich wären, wie drei Engel oder drei Seelen, doch so beschaffen, dass sie durch den Willen und die Macht ganz identisch waren, so war es notwendige Schlussfolgerung, dass der Vater und der Heilige Geist zusammen mit dem Sohn Fleisch geworden waren. Und er behauptete, dass Erzbischof Lanfranc und Anselm sich mit ihm in dieser Streitfrage einig gewesen wären. Aber andererseits waren die Einheit in der Trinität für den Heiligen Augustinus wie die Sonne, die ein und dieselbe Sache ist, auch wenn sie in sich Hitze und Licht hat, wovon sie nicht getrennt werden kann: Er - Augustinus - stand so in völligem Gegensatz zu Roscelin, der die Trinität und Identität mit drei Engeln oder mit drei Seelen verglich.
        Anselm hatte sich in der Tat schon im Monologium entschuldigen müssen, gemäß dem Heiligen Augustinus für die Trinität Ausdrücke verwendet zu haben, die wenig orthodox scheinen konnten; bestimmte Passagen machten ihn problemlos - so sagte man - zu einem Vorgänger Roscelins. [5] Doch jetzt sandte er an Johannes [6] eine kurze Widerlegung der Trinitätslehre Roscelins. Danach wurde ein Konzil auf Anregung des Erzbischofs von Reims einberufen. Anselm schrieb an Falko oder Fulko, Bischof von Beauvais und einst Mönch von Bec: "Der Kleriker Roscelin - so sagt Johannes - behauptet, dass in Gott die drei Personen von einander getrennt vorliegen, wie drei Engel - auf jeden Fall derart, dass sein Wille und seine Macht eins sind, oder dass der Vater und der Heilige Geist Fleisch geworden sind; weiterhin, dass man wirklich sagen könne, dass es drei Götter gebe, wenn der Wortgebrauch es zulasse. Lanfranc sei gestorben; aber jene, die ihn kannten, würden bezeugen, dass er nie dergleichen gesagt habe." Anselm unterrichtete seinerseits Fulko davon, was man antworten müsse, wenn nachgefragt würde. Er glaubte, was im Symbol enthalten war, und belegte jeden - ob Mensch oder Engel - mit Kirchenbann, wenn er die Roscelin zugeschriebene Blasphemie für wahr halten würde. Und Anselm gab an, wie man mit einem solchen Christen vorgehen müsse: "Nicht auf ihn hören, ihn keinesfalls nach einer Begründung seines Irrtums fragen, ihm keinerlei Wahrheit zuschreiben, ihn bannen, wenn er nicht dem Irrtum abschwört, als dessen Urheber er entlarvt ist. Denn unser Glauben muss durch die Vernunft gegen die Ruchlosen, nicht gegen jene verteidigt werden, die sich als Christen bekennen."
        Dieser Brief Anselms wurde bislang nicht ausreichend genau examiniert. Man stellte dort wohl eine gewisse Zunahme der Intoleranz fest. Die Orthodoxen würden nicht mehr wie zur Zeit von Johann Scotus, Gottschalk oder Berengar von Tours mit jenen diskutieren, die wegen Häresie angeklagt sind. In der Christenheit, die den Kampf gegen die Muselmanen begann, wurde jeder Häretiker zum Verräter. Bald würde man gegen die Griechen, gegen die Albigenser in den Kreuzzug ziehen, und die Inquisition würde die Handlungen, die Worte und sogar die Gedanken jedes Katholiken durchwühlen.
        Das, was man besonders hervorheben sollte, [7] sind die Worte ab invicem separatas et tres deos vere posse dici, die nicht in den vorangegangenen Briefen standen. Diese Hinzufügung unterschied deutlich Anselm von Roscelin, aber machte vor allem den letzteren unbedingt zum Tritheisten. Wenn Fulko beim Konzil von Soissons - wie das ziemlich wahrscheinlich ist -, den Brief dessen, den alle bereits als einen Heiligen ansahen und der den Primat von England erhalten sollte, anfocht; wenn Roscelin angeklagt worden wäre, so gesprochen zu haben, ohne sich rechtfertigen zu können oder sich zu erklären, dann würde es nicht erstaunt haben, dass das Volk ihn steinigen wollte. Andererseits hätte es auch nicht überrascht, wenn Roscelin sich nicht für eine Doktrin bannen ließ, die genauso wenig die seine war wie jene Anselms. Man begreift letztendlich, dass der von Anselm, [8] aber auch von Roscelin unterrichtete Papst diesen dann doch als orthodox betrachten konnte.
        In einem dritten Brief, der von England aus an Balderich adressiert wurde, bat Anselm um den Brief, den er zuvor gegen Roscelin [9] begonnen hatte. Wenn er seine Invektiven gegen ihn aufgegeben habe - so bekannte er dem Papst in De fide trinitatis -, dann deshalb, weil jener, gegen den er gerichtet war, seinem Irrtum in dem Konzil, das vom Erzbischof von Reims versammelt worden war, abgeschworen habe. Jetzt sei es offenkundig, dass er sich getäuscht habe. Erst nach seiner Berufung zum Erzbischof habe er erfahren, dass der Urheber dieser Unerhörtheit auf seiner Meinung weiter beharre und sage, er habe ihr damals nur deshalb abgeschworen, weil er befürchtete, vom Volk gelyncht zu werden.
        Die Abhandlung, die Anselm an Papst Urban II. sandte, müsste man in toto analysieren, manchmal sogar wörtlich zitieren, wenn es sich darum handelte, Anselm einzuschätzen oder aufzuzeigen, von welch glühendem und unerbittlichem, mystischem und räsonierendem Glauben die Zeit geprägt war. Aber wir wollen uns auf das konzentrieren, was Roscelin betraf.
        Zunächst hatte Roscelin der Auffassung, die man ihm zuschrieb, abgeschworen oder sie vielmehr missbilligt. Verurteilt worden war er deshalb nicht. Anselm gab insgesamt zweimal die Passage, [10] die wir im Brief des Johannes hervorgehoben haben - si tres personae usw. - wieder, wobei er sie jedoch nicht dem tres res que unaquaeque separatim ergänzte. Und er schrieb nicht mehr wie an Fulko et tres deos vere posse dici, si usus admitteret, was formell den Tritheismus implizierte. Er bekräftigte sogar die Festigkeit seines Glaubens - nicht nur, um ihn außer Zweifel zu stellen - ad confirmandam illam -, sondern sogar, weil seine Brüder ihn darum gebeten hätten. Nun - wenn sie ihn darum baten, hatten sie nicht Angst davor, ihn der Ketzerei verdächtigt zu sehen? Der Verdacht besteht nicht zu Unrecht, denn die Schüler Abaelards entgingen später kaum der Steinigung durch die Bürger von Soissons, welche obendrein wenige Jahre zuvor einen des Manichäismus verdächtigten Mann verbrannt hatten.
        Roscelin sagte noch: "Wenn die Heiden und die Juden ihr Gesetz verteidigen, dann ist es notwendig, dass wir Christen das unsere verteidigen." Prantl [11] strich heraus, er habe den Heiden und den Juden das Recht zugestanden, ihren Glauben durch die Dialektik zu begründen; dies habe ihn fast zu einem Verfechter der Religionstoleranz gemacht. Die Behauptung ist fragwürdig. Roscelin bediente sich des Indikativs - defendunt -, was eine Tatsache bezeichnete, und nicht des Konjunktivs - defendant -, der einzig und allein erlaubt haben würde, die Anerkennung eines Rechts zu bezeichnen. Außerdem schrieb Anselm - wenig verdächtig in diesem Punkt - persönlich an Fulko, dass man "mit Grund unseren Glauben gegen die Heiden verteidigen müsse." [12] Es war eine doch sehr verbreitete Glaubenshaltung in der mittelalterlichen Kirche, dass man sich der Vernunft bedienen könne, ja müsse, um die Ungläubigen zum Glauben zu führen.
        Roscelin stützte sich sicherlich auf die Vernunft; denn Anselm, der die Glaubensfragen durch die in der Heiligen Schrift bewanderten Theologen und nicht durch die Dialektiker beantwortet haben wollte, beabsichtigte, ihm seinen Fehler gerade durch die Vernunft zu beweisen, die ihm eine Verteidigungsgrundlage bot - ratione qua sich defendere nititur. Außerdem basierte seine von Johannes und Anselm umrissene Lehre auf einem indirekten Beweis: "Du möchtest annehmen - so sagte er -, dass die drei Personen drei Realien in sich seien, wie drei Engel oder drei Seelen, jedoch dergestalt, durch den Willen und die Kraft identisch zu sein. Denn wenn sie nur eine einzige Realie wären, die im Sohn inkarniert war, so müsstest du zugeben, dass der Vater und der Heilige Geist eins waren. Damit würdest du die Trinität oder die Inkarnation zerstören." So wollte es übrigens Anselm verstanden wissen: Er wollte weder die Inkarnation des Vaters und des Heiligen Geistes akzeptieren, noch drei Götter anerkennen und damit in den Paganismus zurückfallen.
        Es wird heute angenommen, dass die Theologie Roscelins die Folge seines Nominalismus war. Für einen modernen Menschen stellt der Versuch, das Geheimnis der Trinität zu erklären, ein grundlegend absurdes Unterfangen dar; denn die Vernunft kann nicht erfassen, was als übernatürlich oder die Vernunft übersteigend eingeschätzt wird. Wer immer es versuchen wollte - er würde die Trinität abschaffen, wenn er Nominalist wäre, und die Einzelpersonen, wenn er Realist wäre. Aber hat Roscelin in der Tat seine theologische Doktrin seinen philosophischen Haltungen entnommen?
        Der Satz Anselms wird zwar überall zitiert, dabei jedoch verstümmelt und sinnverdreht, um in Bezug auf Roscelin Anwendung zu finden. Nachdem er gesagt hatte, die in der Schrift bewanderten Männer und nicht die Dialektiker müssten diese Fragen klären, zog Anselm folgende Schlussfolgerung: [13] "Dass also niemand - nemo ergo - sich in die komplexen Fragen zur Göttlichkeit versenke, ehe er nicht einen festen Glauben, erprobte Sitten und Weisheit hat. Es steht nämlich zu befürchten, dass er, wenn er sich mit unkluger Lockerheit auf windungsreiche Sophismen verlegt, sich durch manche Falschheit täuschen lässt. Und wenn man alle Menschen warnen müsse, sich mit größtmöglicher Klugheit den die Heilige Schrift betreffenden Fragen zu nähern, dann in erster Linie aber die Dialektiker unserer Zeit oder vielmehr die Abtrünnigen in der Dialektik, d. h., diejenigen, welche die Universalien für nicht mehr als einen Hauch der Stimme halten; diejenigen, die den Körper nur durch die Farbe, die Seele nur durch die Weisheit des Menschen verstehen können. Sie müssen aus der Diskussion um die geistigen Fragen ganz heraus gehalten werden. Denn in ihren Seelen ist die Vernunft - Basis und Richter all dessen, was im Menschen ist - derart durch die leiblichen Vorstellungen verwickelt, dass sie sich nicht daraus lösen können und unfähig sind, das daraus zu scheiden, was einzig und rein betrachtet werden darf. In der Tat - wie soll der, der noch nicht begriffen hat, wie mehrere Menschen der Art nach derselbe sind, in dieser sehr geheimen und sehr hohen Natur begreifen, auf welche Art mehrere Personen, von denen ein jeder ein vollkommener Gott sind, einen einzigen Gott darstellen? Wie soll der, den die blinde Seele nicht den Unterschied zwischen seinem Pferd und dessen Farbe erkennen lässt, einen einzigen Gott in seinen vielfältigen Relationen unterscheiden - dergestalt, dass er versteht, dass das Menschsein, nicht die Person, durch das Wort Gestalt angenommen hat?"
        Nun - für Anselm konnten die Nominalisten das Geheimnis der Trinität eben nicht begreifen. Doch dies konnte man im Übrigen auch von ihren Gegnern behaupten. Mit keinem Wort behauptete Anselm jedoch, dass Roscelin seine Trinitätslehre dem Nominalismus entnommen habe. Im Gegenteil: In einer anderen Textstelle, die unserer Kenntnis noch nie zitiert wurde, fragte er sich sogar, ob Roscelin einer "von diesen modernen Dialektikern [14] sei, die nur an die Existenz dessen glauben, was sie durch ihr Vorstellungsvermögen begreifen können; ob er denke, dass nichts eine Sache sei, wenn es noch Teile enthalte..." usw. Er wusste deshalb davon nichts Genaues, weil er von Roscelin nur das wissen konnte, was er zuvor aufgeführt hatte - d. h., die Bestätigung der drei Personen und der für die Christen bestehenden Notwendigkeit, die Heiden und die die Juden darin nachzuahmen, das Gesetz zu verteidigen.

II.

        Theobald von Étampes war Magister in Oxford. Roscelin - von Anselm zum Kleriker ernannt - war für ihn ein Meister, der sich in England mit den Priestersöhnen auseinandergesetzt hatte, die außerhalb einer legitimen Ehe geboren und trotzdem zu hohen kirchlichen Würden gelangt waren. Er empfahl ihm, "nicht weiser zu sein, als notwendig" und staunte "über den Wagemut dieser kleinen Männer, die nicht offen sprechen, sondern verdeckt; die das Land bei ihrem unanständigen Wandel beschmutzen und diejenigen als der Priesterschaft unwürdig einschätzen, die Peter und Johannes sogar der königlichen Priesterschaft [15] für würdig erachteten."
        Ivo, der berühmte Kirchenrechtler, Lehrer und Bischof von Chartres, war ein Kommilitone Anselms, der mit Roscelin dem Anschein nach in freundschaftlichem Kontakt stand. Auch er empfahl ihm, nicht weiser zu sein, als es sich schickte:
        "Ich weiß - so schrieb er ihm -, dass du nach dem Konzil von Soissons glühend deine alte Meinung verteidigt hast, sowohl in heimlichen Diskussionen als auch vor Leuten, die wir beide gut kennen, und dass du sie aufgefordert hast, die Lehre, der du zuvor abgeschworen hattest, und noch andere, nicht weniger unsinnige Äußerungen zu akzeptieren."
        Wenn Roscelin durch gewalttätige, gierige und raffsüchtige Menschen seiner Güter beraubt worden sei, so habe ihn Gott auch deshalb bestraft, weil er ihn "mit einer reichen, aber dennoch unfruchtbaren Armee von menschlichen Vernunftgründen" - humanis rationibus firmata - angegriffen habe. Er würde Ivo besser nicht bitten, ihm zu Hilfe zu kommen und ihn aufzunehmen. Denn einige von seinen Mitbürgern seien zwar neugierig, das Leben anderer zu kennen, aber wenig besorgt, das ihre zu verbessern. Sie würden Roscelin mit Hass belegen und ihn selbst nur verdächtigen. "Sobald sie deinen Namen erfahren, sobald sie wissen, was einst der Gegenstand deiner Unternehmungen war, werden sie wie gewohnt zu den Steinen laufen und dich damit zermalmen und zuschütten." Nun - wie in jüngerer Zeit war man auch damals schon bereit, verdächtige Subjekte zu massakrieren. Ungeachtet dessen, selbst nicht ohne Tadel zu sein, würde man sich auf deren Kosten bereichern. Was Ivo anbelangte, so hoffte er auf die Rückkehr des verlorenen Schafs.

III.

        Mit Abaelard treten wir ins 12. Jahrhundert ein. Von den drei Texten, die man ihm [in Zusammenhang mit Roscelin] zuschreibt, bezog sich der erste, der der Introductio ad theologiam entnommen ist und von Duchesne, Ueberweg und Hauréau herangezogen wurde, nicht auf Roscelin. Zunächst ähnelte er in keiner Weise demjenigen Anselms, mit dem man ihn verglich: Der erstere sprach von Proprietäten, d.h. Essenzen, die sich von den Personen und von Gott unterschieden, die beiden anderen sahen die Personen als drei Dinge an. Dann hatte für diesen Häretiker aus Burgund, den die Introductio ad theologiam beschrieb, der Körper Jesu in der Krippe oder im Schoß seiner Mutter dieselbe Größe wie am Kreuz. Die Mönche und Ordensleute konnten nach ihrem öffentlichen Bekenntnis heiraten - ein klarer Widerspruch zu dem, was Roscelin in England über die Kinder der Priester urteilte. Abaelard wiederum erhob in seinem Brief an den Pariser Bischof, in dem er seinen ehemaligen Meister nicht schonte, nur den Vorwurf des Tritheismus. Und es war schließlich in der Franzia und nicht in Burgund - wie es Hauréau behauptet hatte -, wo Roscelin seine Meinung öffentlich verkündigte. So lehrte uns zumindest Anselm. [16]
        Durch den zweiten Text wissen wir, dass Roscelin der Lehrer Abaelards war und dass für ihn die Teile - partes - wie die Arten - species - nur Wörter waren. Weiterhin, dass er seine Gegner mit dem klassischen Beispiel der Mauer und des Hauses bekämpfte - ein indirekter Beweis, analog zu seinen Argumenten hinsichtlich der Trinität. [17]
        Der Brief Abaelards an den Bischof von Paris, wahrscheinlich Gilbert, ist seit langem bekannt. Einige seiner Schüler hatten ihm berichtet, dass Roscelin, als er seine Abhandlung über die Trinität gelesen hatte, ihn in der besonderen Absicht, ihn zu schlagen, beschimpft und bedroht hatte. Einem anderen hatte Roscelin gesagt, dass er einige in diesem Büchlein enthaltene Ketzereien aufzeigen wollte. Abaelard bat - wie er es später erfolglos seinen Anklägern in Soissons und Sens gegenüber tat - um eine Art von Disputationswettstreit - mit dem Bischof und ausgesuchten Katholiken als Richtern. Härter als die Orthodoxen Ivo und Anselm, welche Roscelin nicht als Häretiker behandelt hatten, traf Abaelard seinen ehemaligen Meister, wenn er ihn "den alten Feind des katholischen Glaubens, den größten Gegner Gottes nannte, aufbrausend, arrogant und allzeit überheblich, dessen ekelhafte Häresie durch ein Konzil in Soissons mit dem Exil bestraft worden war, weil er drei Götter anerkannt und gepredigt hatte." Er klagte ihn an, rechtschaffene Leute angegriffen, gegen Robert von Arbrissel und gegen Anselm Schriften verfasst zu haben, schmachvoll aus England wie aus Frankreich verjagt, dann von den Ruten der Kanoniker von Saint-Martin geschlagen worden zu sein. Diesen sei es jedoch nicht gelungen, seine Haltungen zu ändern. Kurzum - dieser Pseudodialektiker sei ein Pseudochrist. Er lasse nichts anderes zu als seine Dialektik, die besage, dass die Teile nichts als Worte seien. Damit entstelle er unklug die Heilige Schrift und fühle sich gemüßigt zu sagen, dass Jesus nur einen Teil des Wortes "Fisch" gegessen habe und nicht einen Teil des Fisches selbst.
        Wir versuchen, die Bemerkungen Abaelards zu erklären oder auszulegen. Wenn er sagte tres deos confiteri imo et praedicare, so gab er nur wieder, was Anselm zuvor an Fulko geschrieben hatte: tres deos vero posse dici, si usus admitteret. Wie Anselm selbst stellte er den Nominalismus in die Nähe der suspekten Lehre von der Dreifaltigkeit, bezog sich aber jetzt in der Tat ausdrücklich auf Roscelin. Aber er sagte nicht, dass nach Roscelin Jesus "einen Teil dieser Wörter" aß, sondern nur, dass Roscelin gezwungen sei - cogatur -, so zu sprechen. Daraus leitete er den Vorwurf ab, sein Meister habe "die Heilige Schrift unverschämt korrumpiert". Weiterhin hob Abaelard durch die Erwähnung des Konzils zweifelsfrei hervor, dass Roscelin in den anderen Städten der Franzia genauso wenig wie in Chartres empfangen worden war, obwohl ihm in letzterem Ort sogar Ivo wohlwollend gegenüber gestanden hatte. Wenn Roscelin seiner Güter beraubt worden war, so waren diejenigen, die dies getan hatten, genauso wie diejenigen, die ihm mit der Steinigung drohten, weniger böse Menschen als vielmehr empörte Verteidiger der verkannten Religion. Wenn der König von England Roscelin verjagt hatte, dann deshalb, weil die Priestersöhne und ihre Väter einen Klerus aufhoben, der mehr darum besorgt war, die neue Eroberung auszunutzen, als seine priesterlichen Pflichten zu füllen. [18]
        Aus diesem Brief mag man sich noch merken, dass Roscelin "berühmt durch den Lärm wurde, den seine Lehre und Handlungsweise nach sich zogen". Das hieß, dass er wohl kaum seine Ideen öffentlich vortrug, sondern Mundpropaganda bevorzugte - mussitet.

IV.

        Nach all den Zeugenaussagen der Zeitgenossen könnte man glauben, dass Roscelin nichts über Theologie und Dialektik geschrieben hatte. So ließen es auch Brucker und Degérando, Tennemann, Cousin und Rousselot, selbst Hauréau vernehmen. Doch im Jahre 1851 fand Schmeller einen Brief, den er in der Gedenkschrift der Akademie der Wissenschaften Bayerns veröffentlichte. Ihn reproduzierte Cousin in seiner Ausgabe der Werke Abaelards. Niemand bestritt bislang seine Echtheit. [19] Der Brief entwickelt, bestätigt und erklärt im übrigen das, was wir in den vorangegangenen Dokumenten schon erfahren haben. Roscelin beschuldigte Abaelard, gleichermaßen seine Pflichten als Christ und Mönch wie die Wohltaten seines Meisters verletzt zu haben, als er an das Kapitel von Saint-Martin in Tours einen sowohl für dieses als auch für ihn beleidigenden Brief gerichtet hatte. Er belegte, dass er nicht der Ketzerei überführt worden war, dass er nicht aus dem "ganzen Universum" wegen seines "schändlichen Rufes" verjagt worden war, dass er nicht zum Verfolger der guten Leute geworden war. Zu guter Letzt kritisierte er die Trinitätslehre und den ganzen Lebenswandel Abaelards. Dieser in einem bisweilen stilvollen und gehobenen Latein geschriebene Brief belegt, dass Roscelin wegen des Nachdrucks seiner Invektive und seines Spotts, durch die Kühnheit der Ausdrücke sowie der Grobheiten und Unflätigkeiten, nicht weit von Rabelais entfernt war. [20] Aus ihm entnehmen wir Dinge, die uns den Menschen, Theologen und Philosophen näher bringen.

        Roscelin war in den Kirchen von Soissons und Reims [21] geboren, aufgezogen und unterrichtet worden. Rom, die Hauptstadt der Welt, hatte ihn empfangen und mit Wohlwollen gehört. Er war Kanoniker in Loches, Tours und Besançon, wo er auch unterrichtet hatte und allem Anschein nach noch unterrichtete. Und es war wahrscheinlich in Loches, wo Abaelard zusammen mit vielen Anderen Schüler von Roscelin war - von der Kindheit bis ins Jugendalter. [22]
        Er verehrte die Guten: Aber hatte Robert von Arbrissel gut gehandelt, als er dem Bischof von Angers den Gehorsam verweigerte und Frauen, die von ihren Ehemännern zurückgefordert wurden, bei sich behielt - selbst unter dem Risiko, sich zum Komplizen und sogar Urheber des Ehebruchs zu machen, dem er diese aussetzte? Hatte Anselm trotz der Heiligkeit seines Lebens und der Erhabenheit seiner Lehre nicht Recht gehabt, in seinem Cur Deus homo zu sagen, dass Gott nur die Welt retten konnte, indem er Mensch wurde und all das erlitt, was er erlitten hat? Wie also konnte Abaelard darüber staunen, dass man in seinen Worten etwas zum Ausplaudern fand - er, der nie die Heilige Schrift studiert hatte? [23]
        Als Mensch hatte er manchmal wirklich christliche und deshalb wenig für die Allgemeinheit geeignete Gedanken: Abaelard hatte die Kirche von Saint-Martin, die Roscelin aufgenommen hatte, mit einer Höhle - foveam - verglichen. Er hätte sie lieber mit dem vergleichen sollen, der die Sonne über die Guten und die Schlechten gleichermaßen aufgehen ließ, der den Regen auf die Gerechten und Ungerechten gleichermaßen fallen ließ, der auf die Erde gekommen war wegen seiner großen Liebe zu den Sündern, der sie empfangen und sich mit ihnen an den Tisch gesetzt hatte, und der in die Hölle hinab gestiegen war, um sie aus ihren Qualen zu erlösen. Der Dialektiker Roscelin erinnerte in manchen Formulierungen an die Schule und an den Lehrer, [24] aber er rührte auch an die Frage, die in Bezug auf die Worte und die Sachen so sehr diskutiert worden war: Die Namen - so sagte er - pflegen ihren Sinn zu verlieren, wenn man das, was sie bezeichnen, aus seiner Vollständigkeit entfernt. Ein Haus, welchem man sein Dach und seine Mauern entfernt, sei nichts anderes mehr als ein unvollkommenes Haus. [25]
        Als Theologe wandte er seine Vernunft an, aber er bemühte sich vor allem, seine Orthodoxie zu beteuern. Er brachte nichts vor, was sich nicht auf die Heilige Schrift oder auf die Kirchenväter [26] stützte. Er belegte durch das Zeugnis der Kirchen von Soissons und Reims, dass er nicht der Ketzerei überführt worden war, und durch die Autorität des Heiligen Augustinus, dass man ihn schon deshalb nicht zu den Ketzern zählen konnte, weil er schon immer bereit gewesen sei, sich zu korrigieren. Er habe von der Singularität gesprochen, aber nicht wie Sabellius. Er habe in Einklang mit den Schriften an der Einheit der Erscheinung und an der Gleichheit festgehalten, aber er habe eine bessere Formulierung dafür übernommen. Er wolle - so wie einst Anselm - nicht mit Sabellius behaupten, dass der Vater Fleisch geworden sei und gelitten habe, oder mit Arius, dass es eine Mehrzahl der Götter gebe. Worum er bitte, sei, dass Gott ihn vor Ungläubigkeit schütze, sein Unwissen erhelle und ihm seine Wahrheit enthülle. [27]

V.

        Nach seiner polemischen Auseinandersetzung mit Abaelard trat Roscelin endgültig in die Geschichte ein. Folgendes lehrt uns unzweifelhaft die Historia francica: [28] Gegen 1087 gab es in der göttlichen und menschlichen Philosophie berühmte Leute, unter welchen der Nachwelt eigentlich nur Lanfranc bekannt geworden sei. Es gab aber auch wortgewaltige Dialektiker mit zahlreichen Schülern, von denen allein Roscelin in der Erinnerung überlebt habe. Dass Johannes, Robert und Arnulf Nominalisten waren, wissen wir ebenfalls: 1. durch Anselm, der gegen 1098 von häretischen Ketzern sprach, für welche die Universalien nur reine Lautäußerungen waren - flatus vocis -, 2. durch Herrmann von Tournay, [29] der gegen 1100 einige Moderne, darunter Raimbert, aufzeigte, die die Dialektik lasen in voce und nicht in re, nach der Art des Boethius und der Altvorderen, 3. durch die Forschungen Cousins, Hauréaus, Barachs und Prantls, die nominalistische und realistische Theorien vor dem 11. Jahrhundert aufzeigten. [30]
        In der Mitte des 12. Jahrhunderts sieht der Theologe Otto von Freisingen, 1109 - 1158, - ebenso geschätzt als Historiker wie als Philosoph -, in Roscelin den Meister Abaelards und den zu dieser Zeit ersten, der die Lehre von den Worten - sententiam vocum - einführte. Er tadelte Abaelard, ohne dabei Roscelin zu erwähnen, diese Lehre von den Begriffen oder den Worten - vocum seu nominum - mit der Theologie vermengt zu haben. Daraus kann man ersehen, dass auch er Roscelin nicht als Häretiker ansah. [31] Auch Johann von Salisbury, einer der Freigeister, der bemerkenswertesten Historiker, Philosophen und Schriftsteller des Mittelalters, stellte ihn als Theologen nicht in Frage. Aber durch ihn verstehen wir besser seine Bedeutung als Dialektiker. In seiner Schrift Polycraticus [32] sagte Johann, dass die Lehre von den Worten mit ihrem Autor sich verloren habe. Im Metalogicus schränkte er die Tragweite dieser Behauptung etwas ein. Das heißt, dass in der Frage der Universalien, die zunächst vor allen anderen Fragen Vorrang hat, 8 von den 13 Lösungen, die Prantl entdeckt hatte, noch aufrecht erhalten wurden, und dass darunter diejenigen von Abaelard, Gilbert, Bernhard von Chartres und Josselin usw. zählten. Roscelin hatte also ebenso Erben, wie er Schüler hatte - vor und nach dem Konzil von Soissons. Sein Name war verknüpft mit dem Anselms, Ivos und Theobalds, Abaelards und Wilhelms von Champeaux. Unter denen, die die Theorie der voces gelehrt hatten, war niemand mehr als er dazu qualifiziert, Protagonist des Nominalismus im Mittelalter zu sein.
        Im Jahre 1180 starb Johann von Salisbury. Schon Raimund, der Erzbischof von Toledo, hatte durch Johann von Spanien und Dominik Gundisalvi griechische, arabische und jüdische Werke übersetzen lassen. Die Einnahme von Konstantinopel brachte dem Okzident weitere Manuskripte. Nun verfügte man in lateinischer Sprache über den ganzen Aristoteles, über die Griechen und Byzantiner, über die Neuplatoniker und die Weisen, über die Araber wie Avicenna und Averroes, über die Juden wie Avicebro und Maimonides. Denen, die hernach zum großen Teil die Meister des Wissens waren - des hypothetischen wie des praktischen -, welches die drei bemerkenswertesten unter all den Zivilisationen angesammelt hatten, mit welchen sie in Kontakt getreten waren, erschienen die Auseinandersetzungen um die Universalien eher kleinlich.
        Als nach Petrus Aureoli und Durand von Saint-Pourçain Ockham den Nominalismus erneuerte, stellte er sich in Gegensatz zum Papsttum und zum Heiligen Thomas von Aquin, der dabei war, Kirchenvater zu werden. Er gab implizit zu, dass der Nominalismus zu einer heterodoxen Trinitätslehre führte und eine Auffassung zweier Wahrheiten anbahne, die für die Gegner des Christentums so wertvoll seien. Der Nominalismus wurde mehrfach durch die Universität von Paris verurteilt. Nachdem er durch Gabriel Biel auf Melanchthon und auf Luther übergegangen war, erschien er mehr und mehr wie ein Gegensatz zur Orthodoxie - so, als wolle er Neuheiten, ja sogar ganze Denksysteme begünstigen, aus denen das Christentum beseitigt war. Besonders die zahlreichen und gewaltigen Folianten, in denen die Nominalisten alle Fragen untersuchten, die sich aus den positiven Wissenschaften, aus der Metaphysik und der Theologie, der Ethik und der Politik ergaben, stehen nicht im Verhältnis zu den Grundzügen, die für uns die Philosophie und die Theologie Roscelins darstellten.
        Hieraus begann sich eine Legende zu bilden, durch die Annäherung zweier so unterschiedlicher Generationen von Nominalisten. Aventinus, 1476-1554, der Verfasser der Annalen Bayerns, verwandte bereits in Bezug auf Roscelin Ausdrücke, die nur gut auf die Nominalisten des 14.Jahrhunderts [33] passten. Der Zisterzienser Juan Caramuel y Lobkowitz, geboren im Jahre 1606, unterschied nicht zwischen den beiden, durch zwei Jahrhunderte getrennten Schulen. Du Boulay, gestorben im Jahre 1668, betrachtete Johann Sophista als den Fürsten und Anführer der Nominalisten. [34]
        Während sich Deutschland weiterhin mit den Universalien befasste, [35] verdrängte Frankreich nach Descartes völlig das Mittelalter. Sogar jene, die die ganze Philosophie auf das Studium ihres Ursprungs und auf den Wert ihrer Ideen bezogen, beschäftigen sich kaum mit ihren Vorgängern. Die Nominalisten - so sagte mit einfachen Worten Condillac - hielten eine gute These aus schlechten Gründen aufrecht. Aber Condorcet maß durch seine Fortschrittstheorie der Geschichte wieder die Bedeutung bei, die sie verloren hatte. Das Mittelalter war nicht mehr nur ein Zeitalter der Barbarei; die Scholastik hatte die Geister geschärft und die philosophische Analyse hervorgebracht. Für Degérando war die Diskussion zwischen den Realisten und Nominalisten, die Roscelin aufblühen ließ, nichts anderes als die fundamentale Frage nach dem Ursprung der Ideen, die schon die größten Philosophen beschäftigt hatte. Condillac hätte all die Keime seines Systems bei den Nominalisten finden müssen, die obendrein eine kirchliche und wissenschaftliche Reform bereitet und so den Geistern eine wertvolle Unabhängigkeit gebracht hatten. Tennemann, der Cousin übersetzte, führte als Repräsentanten des Nominalismus, die wegen der Unabhängigkeit ihres Geistes schlecht angesehen waren, Roscelin auf, der ketzerische Ideen auf die Trinität hervorgebracht hatte, und Ockham, der in der Verfolgung gestorben war, ohne je bezwungen worden zu sein. Schließlich begnügte sich der Romantismus mit Joseph de Maistre und Lamennais, welche Descartes und Bacon, Bossuet und die Gallikaner wie Voltaire und Rousseau, Diderot und d'Holbach nicht mehr schonten, nicht damit, dem Mittelalter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ja er entschuldigte sich sogar.
        Mit Cousin vervollständigte sich die Legende Roscelins durch eine systematische und eloquente Verschmelzung der vorgenannten Elemente. Drei Jahre nach der Erscheinung von Notre-Dame de Paris veröffentlichte Cousin die bis dato unveröffentlicht gebliebenen Werke Abaelards. Abaelard, bisher nur durch die Dichter besungen und durch Heloïsa populär geblieben, wurde zum Hauptbegründer der Philosophie des Mittelalters, zum Vorläufer Descartes' und zum Vater der modernen Philosophie. Cousin, der den einen wie den anderen herausgegeben hatte, erschien als ihr Erbe, der das, was sie überliefert hatten, nun transformierte und ausbaute. Allein - der Eklektizismus ist gleichweit von der theologischen wie von der sensualistischen Schule entfernt - so wie die Monarchie von 1830 Mittler zwischen dem Königtum göttlichen Rechts und der Republik war. Zum Repräsentanten der Theologieschulen des 12. Jahrhunderts wurde Anselm - heilig gesprochen durch die Kirche. Aber er war mehr der Nachwelt als seinen Zeitgenossen groß erschienen. Im Gegensatz zu ihm wurde Roscelin als Repräsentant der sensualistischen Schule durch all das in seiner Größe vermehrt, was Ockham, Pierre von Ailly und Gerson, ja selbst Luther gemacht haben, ja selbst durch die Taten der modernen Empiriker wie Gassendi, Hobbes und Condillac. Er war ein unabhängiger und kühner Geist, dessen Standfestigkeit sich schon deshalb nie verleugnete, weil man aus keinem Text erschließen konnte, dass er aufgegeben oder sich unterworfen hatte. Ein Neuerer war er gewesen, welcher in der Theologie das fundamentale Dogma des Christentums angegriffen und in der Philosophie die wissenschaftlichen Schulen mit dem Nominalismus beunruhigt hatte. Er hatte das Maß seines Unglücks voll gemacht und seine Rolle bis zuletzt gespielt, indem er sich mit der größten Macht seiner Zeit, nämlich mit der kirchlichen, angelegt hatte. "Roscelin und Ockham sind die Helden des Nominalismus, ja fast sogar seine Märtyrer. Aber Ockham kam kaum seiner Zeit zuvor... die Hälfte seines Jahrhunderts, gegen die päpstliche Autorität, und stützte er sich auf einen König und auf einen Kaiser. Am Ende des 11.Jahrhunderts dagegen kämpfte und litt Roscelin ohne Hoffnung."
        Besser noch als Abaelard konnte Roscelin - so ausstaffiert, verwandelt und modernisiert - die Hauptfigur eines romantischen Dramas werden, das an die Helden Shakespeares, Byrons und Chateaubriands [36] erinnerte. Nach Rousselot überstieg sich so sein Wesen; er war vielleicht nicht falscher - um mit historischen Worten zu sprechen -, aber inkohärenter und weniger wohlgestaltet: Roscelin hatte sozusagen allen Dogmen der Religion abgeschworen, deren Diener er gewesen war. Er hatte den Ruhm, das erste Opfer im Kampf der Philosophie gegen die führende Autorität zu sein. Er repräsentierte im 11. Jahrhundert die freien Denker des alten Griechenland. Er stellte sich als ein Anhänger der Einheit der Substanz dar und formulierte dabei einen klareren Materialismus als das 18. Jahrhundert. [37] Er verteidigte den Daseinsgrund der künftigen Philosophie etc. Was Hauréau anbelangte, der ein merkwürdiges Kapitel dem Brief gewidmet hatte, in dem sich Roscelin gegen den Vorwurf der Häresie verteidigt hatte, so scheint seine Sympathie für die Nominalisten ihn daran gehindert zu haben, die Legende, die aus Roscelin einen "Helden und Märtyrer" [38] machte, außer Acht zu lassen.

VI.

        Legenden haben ihre Schönheit, ja sogar ihren Nutzen - nämlich dann, wenn sie resümieren - in einer lebhaften und packenden Form, als eine Periode des menschlichen Denkens. Aber nur dann, wenn man weiß, dass sie zwar Wahres enthalten, aber die Wirklichkeit, die aus verschiedenen Personen und verschiedenen Zeiten geschöpft wurde, auf eine Person und auf einige Lebensjahre hin kondensieren. Stellen wir also den Roscelin der Legende dem der Geschichte gegenüber - diesem Roscelin, den uns die gewissenhafte und umsichtige Prüfung der Texte aufzeigte:
        Roscelin, der an den Kathedralen von Soissons und Reims aufgezogen und unterrichtet worden war, stammte zweifelsohne aus Compiègne. [39] Von 1087 an unterrichtete er die Dialektik in Form des Nominalismus und hatte dabei viele Hörer. Er stand in Verbindung mit Lanfranc, Anselm von Canterbury und Ivo von Chartres, woraus man ableiten könnte, er habe die Schule von Bec besucht. Gegen 1089 hörte ein Mönch dieser Abtei namens Johannes, dass durch ihn eine Lehre über die Dreifaltigkeit verbreitet wurde, von der Roscelin behauptete, sie sei von Lanfranc und Anselm bereits akzeptiert worden. Er selbst - Johannes - sah sie aber als widersprüchlich zur Trinitätslehre des Heiligen Augustinus an. So warnte Johannes Anselm und vielleicht auch andere Theologen. Roscelin wurde unter dem Verdacht der Ketzerei vor ein Konzil zitiert. Das Volk - so war es damals und auch zu anderen Zeiten der Brauch - unterschied dabei nicht zwischen einem Schuldigen und einem Angeklagten: Es drohte damit, Roscelin zu steinigen. Keiner der Konzilsväter schrieb darüber ein Wort. Fulko besaß einen Brief Anselms, welcher das Zeugnis des Johannes wiedergab und akzentuierte. Nach der Ansicht Anselms habe man bei Roscelin die offensichtlich ketzerische Formulierung gelesen, die von drei Göttern sprach. Man habe ihm aber bislang nicht die Erlaubnis gegeben, sich zu erklären oder sie zu erörtern. Roscelin selbst wies diese Unterstellung zurück und schwor - abjurasse -, er habe nicht so gedacht. Also wurde er durch das Konzil nicht verurteilt. Aber böse Leute berauben ihn seines Besitzes. [40] Die Bischöfe lehnten es ab, ihn in ihren Kirchen aufzunehmen - in der Befürchtung, dass man ihn steinige und sie ihrerseits verdächtige. Roscelin begab sich nach England. Er zog umher und wandte sich gegen die Priestersöhne und andere illegitime Kinder, so dass man ihn schließlich bei den kirchlichen Würdenträgern anzeigte. Er wurde von Theobald von Étampes angegriffen, der gegen ihn den Klerus von England aufbrachte. Er legte sich mit dem Primas Anselm an, weil er seine alte Auffassung über die Trinität wieder aufnahm, indem er sagte, er habe ihr nur abgeschworen, um nicht durch das Volk massakriert zu werden. Vielleicht war auch die Schrift, die man ihm zu lesen gegeben hatte, nicht die seine. Roscelin verließ England. Ivo, der ihn nicht empfangen konnte, riet ihm, sich zu bekehren und zur Einfachheit des Glaubens zurückzukehren. Die Päpste hatten auch Berengar gegen seine Landsleute geschützt. Da begab sich Roscelin nach Rom, und man empfing und hörte ihn dort mit Wohlwollen. Versöhnt mit der Kirche kehrte er zurück und er wurde - so wie ihm Ivo in Aussicht gestellt hatte - überall gut empfangen und mit Benefizien versorgt: Zunächst wurde er Kanoniker in Besançon, dann in Loches, schließlich in Saint-Martin von Tours, wo er eines Tages mit Hildebert von Lavardin eine Carta unterzeichnete. Überall setzte er seinen Unterricht fort. Sein Name wurde so berühmt, dass Abaelard - vor langer Zeit sein Schüler in Loches - ihn angriff, wie er zuvor Anselm von Laon und Wilhelm von Champeaux angegriffen hatte. Aber Roscelin war orthodox und konnte als Zeugen die Kirchen von Besançon, Loches, Tours und sogar von Reims und Soissons anrufen. Er beendete sein Leben in Frieden und blieb für seine Nachfolger der Lehrer Abaelards und der Begründer des Nominalismus oder vielmehr der Lehre von den voces. Denn die Anhänger der sermones und der intellectus galten eben als Nominalisten.
        Ein Held und ein Märtyrer war er nicht. Ein mittelmäßiger Mann war er ebenfalls nicht, wenn man ihn nach Anselm, Ivo und Theobald beurteilte. Obwohl er als Meister über fast 30 Jahre Erfolg gehabt hatte, schien er - wenigstens nach dem Konzil von Soissons - seine bevorzugten Lehren [41] für besondere Unternehmungen vorbehalten zu haben. Er war ein Christ, der daran festhielt, orthodox zu sein, aber der vor allem der Moral einen beträchtlichen Platz einzuräumen schien. Aus diesem Grund griff er den Klerus von England, Robert von Arbrissel und vor allem Abaelard an. Das war ein freier Geist, der sich nicht nur streng gegen sich selbst zeigte, sondern sich auch das Recht vorbehalten wollte, über andere, sogar über einen Robert von Arbrissel oder einen Anselm von Canterbury zu urteilen, egal ob es sich um Praxis oder Spekulation handelte. Manchmal grob in der Wortwahl, so wie die Menschen damals waren, verstand er es doch, mit Esprit Konzepte zu verfassen, zu räsonieren und zu schreiben. Der Dialektiker war mächtig durch seine Art der Argumentation, wie es die Historia francica sagte. Er benutzte gern den indirekten Beweis und bezog auf die Worte - voces - zum einen die Arten - species -, zum anderen die Gattungen - genus -, so wie die Teile auf ein Ganzes.
        Als Theologe sprach er vornehmlich über die Dreifaltigkeit, doch er war kein Ketzer. Weder Otto von Freising noch Johann von Salisbury oder Anselm von Canterbury behaupten wie Abaelard, dass er verurteilt worden sei. Wenn er es gewesen wäre, hätten sie es uns sicher mitgeteilt und uns darüber aufgeklärt, mit welcher Strafe er belegt worden war. Trug es sich so nicht mit Gottschalk und Abaelard selbst zu? Weiterhin weisen die Vernunftgründe, die Roscelin anführte, sowie sein Abschwören in Soissons, ja alles, was wir von seinem Leben wissen, darauf hin, dass er sich bemühte, mit seiner Kirche im Frieden zu bleiben. Es scheint ihm geglückt zu sein, denn er starb als Kanoniker von Saint-Martin in Tours. Letztendlich berechtigt uns auch das, was wir von seiner Lehre wissen, nicht dazu, darin eine Häresie zu sehen.
        Wenn wir die Worte tres deos vere posse dici si usus admitteret beiseite lassen, für welche man vielleicht ein Äquivalent bei den griechischen Kirchenvätern fände, die man aber nicht Roscelin zuschreiben kann, so bleibt uns lediglich als Einziges, dass er auf eine große Schwierigkeit bezüglich der Trinität hingewiesen hatte; nämlich dass man - selbst wenn man stringent argumentierte - leicht in den Sabellianismus oder Arianismus verfallen konnte. Aber die Menschen dieser Zeit - dies kann man an den Konzilen sehen, durch die Abaelard verurteilt war - sind in Bezug auf die theologische Ausbildung und die Macht des Argumentierens nicht mit den Menschen des 13.Jahrhunderts, nicht mit Johann Scotus oder selbst Gottschalk zu vergleichen. Roscelin wollte sicherlich nicht für einen Sabellianer oder Arianer gehalten werden.
        War er ein Rationalist in der Theologie? Wir können bestätigen, dass er sich des vernunftbezogenen Argumentierens bediente - und zwar vor und nach dem Konzil von Soissons. [42] Aber abgesehen von den Mystikern weisen andere Theologen dieselben Eigenschaften auf. Wenn man unter Rationalist denjenigen versteht, der nicht von den Prämissen, die in der Heiligen Schrift abgedruckt sind, ausgeht, der sich in seinen Überlegungen nicht durch die Schrift, die Kirchenväter oder die Konzilien aufhalten lässt, so war Roscelin offensichtlich kein derartiger Mann.
        Bezog er seine theologische Lehre aus seiner philosophischen? Anselm glaubte, dass die Nominalisten die orthodoxe Trinitätstheorie nicht verstehen konnten. Aber er sagte nicht, dass Roscelin Tritheist deshalb war, weil er Nominalist war. Abaelard leitete daraus ab, dass die Dialektik Roscelins an Häresie grenzte, aber ebenfalls nicht, dass Roscelin seine Trinitätslehre aus seinem Nominalismus ableitete. Alles in allem war Roscelin ein bemerkenswerter Mann in der Epoche, in der er lebte. Er ist für die Nachwelt einer derjenigen, von denen sie den Namen behalten hat, welchen die Legende auf Kosten seiner Nachfolger überhöhen kann, aber den die Geschichte nie mit einem Johann Scotus oder einem Gerbert, einem Heiligen Anselm oder einem Johann von Salisbury vergleichen wird.

 


 

Fußnoten


[1] Siehe: Cousin, Fragments philosophiques, philosophie du moyen age, Paris, 1865; Hauréau, Singularités historiques et litteraires, Paris, 1861; Histoire de la philosophie scolastique, Paris, 1872; Prantl, Geschichte der Logik im Abendland, Band 2, Leipzig, 1885.
[2] Siehe: Bibliothèque de l'École des hautes études, section des Sciences religieuses, Band 7: "Abélard et Alexandre de Hales, createurs de la méthode scolastique."
[3] Genauso wurde Otricus über die Lehren Gerberts unterrichtet, und Abaelard wusste das, was Roscelin über seine Abhandlung zur Trinität gesagt hatte. Der Ausdruck, dessen sich Johannes bedient - movet quaestionem - bezog sich wohl auf eine Frage, die in einer Schule aufgeworfen worden war.
[4] Epistola Johannis ad Anselmum. Suo domino et patri Anselmo frater Johannes suus servus, quod domino servus, quod patri filius. Scimus certe, venerande pater, et vere scimus perspicacitatem vestram etiam in illis scripturarum nodis solvendo proficere in quibus plerique alii deficiunt. Quid igitur fides et simplex prudentia et prudens simplicitas vestra de tribus deitatis personis sentiat, ad communem utilitatem catholicorum diligentiam vestram mihi et quibusdam aliis scribere non pigeat. Hanc enim inde quaestionem Rocelinus de Compendio movet. Si tres personae sunt una tantum res, et non sunt tres res per se, sicut tres angeli, aut tres animae, ita tamen ut voluntate et potentia omnino sint idem, ergo pater et Spiritus sanctus cum filio incarnatus est. Dicit enim huic sententiae domnum Lanfrancum Archiepiscopum concessisse et vos concedere se disputante. Sed de tribus angelis et de tribus animabus trinitatis et identitatis similitudini isti illa sancti Angustini trinitatis et unitatis similitudo de sole, qui una et eadem res est, et calorem et splendorem inseparabiliter in se habet, omnino resistit. A Deo, de quo agitur, trino et uno integritas vestra incolumis conservetur in praesenti et in futuro. Amen.
[5] Quod enim dixi summam Trinitatem posse dici tres substantias, Graecos secutus sum qui confitentur tres substantias in una essentia, eadem fide qua nos tres personas in una substantia. Nam hoc significant in Deo per substantiam quod nos per personam. - Roscelin setzte tres res an Stelle von tres substantias. - Ueberweg zitierte die folgende, vielleicht weniger an die vorherige der Lehre Roscelins angelehnte Textstelle: Omnes plures personae sic subsistunt separatim ab invicem, ut tot necesse sit esse substantias quot sunt personae; quod in pluribus hominibus, qui quot personae, tot individuae sunt substantiae, cognoscitur. Quare in summa essentia sicut non sunt plures substantiae, ita nec plures personae.
[6] Ad litteras quas mihi dilectio vestra misit de illo qui dicit in Deo tres personas esse tres res, aut Patrem et Spiritum sanctum cum filio esse incarnatum."
[7] XLI ad Falconem. Audio (quod tamen absque dubietate credere non possum) quia Roscelinus clericus dicit in Deo tres personas esse tres res ab invicem separatas, sicut sunt tres angeli, ita tamen ut una sit voluntas et potestas; aut Patrem et Spiritum sanctum esse incarnatum et tres deos vere posse dici si usus admitteret. In qua sententia asserit venerabilis memoriae archiepiscopum Lanfrancum fuisse et me esse. Nominatim quicunque blasphemiam, quam supra posui me audisse a Roscelino dici, pro veritate asseruerit sive homo, sive angelus, anathema est et confirmando dicam, quamdiu in hac perstiterit pertinacia, anathema sit. Omnino enim Christianus non est. Quod si baptizatus et inter Christianos est nutritus, nullo modo audiendus est, nec ulla ratio aut sui erroris est ab illo exigenda, aut nostrae veritatis illi est exhibenda, si mox ut ejus perfidia absque dubietate innotuerit, aut anathematizetur ab omnibus Catholicis, nisi resipuerit... Fides enim nostra contra impios ratione defendenda est, non contra eos qui se Christiani nominis honore gaudere fatentur.
[8] Separatim ab invicem findet sich auch bei Anselm von Canterbury (Fußnote 5).
[9] Mittite mihi orationem ad S. Nicolaum quam feci et epistolam quam contra dicta Roscelini facere inchoavi.
[10] Cum adhuc in Becci monasterio essem abbas, praesumpta est a quodam clerico in Francia talis assertio: Si in Deo, inquit, tres personse sunt una tantum res; et non sunt tres res unaquaeque per se separatim, sicut tres angeli, aut tres animae, ita tamen ut potentia et voluntate omnino sint idem, ergo Pater et Spiritus Sanctus cum Filio est incarnatus.
[11] Seite 79, Anmerkung 315: Man beachte für jene Zeit die äußerst vernünftige Liberalität, auch den Juden und Heiden die dialektische Begründung ihres Glaubens zuzugestehen.
[12] Fußnote 7: Sollte man nicht aus triftigem Grund in Übereinstimmung mit Cousin (Seite 93) zugeben, dass Roscelin versuchte, in der Theologie eine neue Methode einzuführen, und dass verteidigen in der von Anselm zitierten Passage erklären bedeutet.
[13] [Nemo ergo se temere immergat in condensa divinarum quaestionum, nisi prius in soliditate fidei, conquisita morum et sapientia; gravitate, ne per multiplicia sophismatum diverticula incauta levitate discurrens, aliqua tenaci illaqueatur falsitate. Cumque omnes, ut cautissime ad sacras paginaei quaestiones accedant, sint commonendi], illi utique nostri temporis dialectici, imo dialecticae haeretici, qui non nisi flatum vocis putant esse universales substantias et qui colorem non aliud queunt intelligere quam corpus, nec sapientiam hominis aliud quam animam, prorsus a spiritualium quaestionum disputatione sunt exsufflandi. In eorum quippe animabus ratio quae et princeps et judex omnium debet esse quae sunt in homine, sic est in imaginationibus corporibus obvoluta, ut ex eis se non possit evolvere, nec ab ipsis ea quas ipsa sola et pura contemplari debet, valeat discernere. Qui enim nondum intelligit quomodo plures homines in specie sint unus homo, qualiter in illa secretissima et altissima natura comprehendet quomodo plures personae, quarum singula quaeque est perfectus Deus, sint unus Deus. Et cujus mens obscura est ad discernendum inter equum suum et colorem ejus, qualiter discernet inter unum Deum et plures relationes ejus. Denique qui non potest intelligere aliquid esse hominem, nisi individuum, nullatenus intelliget hominem nisi humanam personam, omnis enim individuus homo persona est. Quomodo ergo iste intelliget hominem assumptum esse a Verbo, non personam, id est aliam naturam, non aliam personam esse assumptam. - Cousin und Prantl begannen ebenso wie Hauréau und Ueberweg das Zitat nur mit illi utique nostri temporis dialectici. - Cousin et Hauréau versäumten es, utique (überall) zu übersetzen, welches die zwei Teile des Satzes verbindet. Hauréau folgte im Allgemeinen dem Wortlaut am nächsten. Dennoch versuchen wir, ihn in der Gesamtheit darzustellen. Wir lesen: ea quae, die Dinge, die, ipsa sola et pura, unsere Seele selbst, alleinig und rein - und nicht wie Hauréau: ea ipsa sola et pura, die universellen Substanzen. Zweifelsohne handelt es sich um einen Gedanken Anselms und nicht Roscelins. Aber pura steht dem obscura gegenüber; pura et sola erinnert an Phaidos (64 - 65).
[14] Quod si iste de illis dialecticis modernis est, qui nihil esse credunt, nisi quod imaginationibus comprehendere possunt, nec putat aliquid esse in quo partes nullae sunt... De Spirito illius cui respondeo in hac epistola nihil potui videre praeter illud quod posui.
[15] Man achte auf die Worte: quidam homunciones non palam, sed e latibulis loquentes, et totam campaniam libidinosa peregrinatione polluentes. (D'Achery, Spicilegium, 3, 142)
[16] Es gibt - so sagt Abaelard - ketzerische Lehrer, die die Häresie in der Franzia, in Burgund, im Anjou und im Berry lehren: Alter tres in Deo proprietates secundum quas tres distinguuntur personae, tres essentias diversas ab ipsis personis et ab ipsa divinitatis natura constituit, ut scilicet paternitas Dei, vel filiatio, vel processio, res quaedam sunt tam ab ipsis personis quam ab ipso Deo diversae (Siehe Fußnote 10).
[17] Abaelard, De divis et definit., Seite 471 (Ausgabe Cousin): Fuit autem, memini, magisteri nostri Roscellini tam insana sententia, ut nullam rem partibus constare vellet, sed sicut solis vocibus species ita et partes adscribebat. Si quis autem rem illam, quae domus est, rebus aliis, pariete scilicet et fundamento, constare diceret, tali ipsum argumentatione impugnabat: si res illa, quae est paries, rei illius, quae domus est, pars sit, cum ipsa domus nihil aliud sit quam ipse paries et tectum et fundamentum, profecto paries sui ipsius et ceterorum pars erit; at vero quomodo sui ipsius pars fuerit? Amplius, omnis pars naturaliter prior est toto suo; quomodo autem paries prior se et aliis dicetur, cum se nullo modo prior sit.
[18] Über Robert von Arbrissel und Anselm äußerte sich Roscelin selbst in einem Brief, den wir noch überprüfen werden. Was die Rutenschläge der Kanoniker von Saint-Martin in Tours für Roscelin anbelangte, so bezog sich Abaelard auf ein öffentliches Gerücht (ut aiunt).
[19] Hauréau gab in der Gallia Christiana (Band 14) eine Carta von Saint-Martin in Tours wieder, auf der die gemeinsame Unterschrift von Roscelinus de Compendio und Hildebert von Lavardin erscheint. Nun - wenn Abaelard sagte, dass sich Roscelin zu manchen Kanonikern von Saint-Martin geflüchtet hatte, so spricht doch kein Chronist davon, dass er sich nach Saint-Martin in Tours zurückgezogen hätte. Das Monument, das aus dem 13. Jahrhundert datiert und zunächst an den Brief Abaelards an die Kathedrale von Tours erinnert, ist folglich keine Fälschung. Es kommt noch hinzu, dass der Brief, auf den Roscelin antwortete, in mehr als einem Punkt auch mit dem übereinstimmt, den Abaelard an den Bischof von Paris gerichtet hatte.
[20] "Dieu a justement puni, par où il a péché, Abélard trois fois criminel avec Héloise. Ce n'est ni un clerc, ni un moine, ni un laique, ni un homme." Siehe Fußnote 25: Roscelin weigerte sich, Abaelard weiter Peter zu nennen. Wir verzichten darauf - selbst in der lateinischen Form-, die Sätze weiter zu zitieren: Sed valde tibi divina, metuenda est justitia... Sed quasi ad fabulas nostra detractionis... etc.
[21] Testimonio Suessionensis et Remensis eeclesiae... praefatarum ecclesiarum testimonio apud quas et sub quibus et educatus et edoctus sum comprobabo."
[22] Cum et Roma, quae mundi caput est, me libenter excipiat et audiendum libentius amplectatur et audito libentissime obsequatur. Neque vero Turonensis ecclesia vel Locensis, ubi ad pedes meos magistri tui discipulorum minimus tam diu resedisti, aut Byzuntina ecclesia in quibus canonicus sum, extra mundum sunt, quae me omnes et venerantur et fovent et quod dico discendi studio libenter accipiunt. - Der Plural in quibus zwingt uns zur Annahme, dass Roscelin Kanoniker dreier Kirchen war. Abaelard bestätigte übrigens das Kanonat in Tours: in ipsa cujus pudore canonicus dicitur, beati Martini ecclesia. Wann war Roscelin Kanoniker in Besançon? Sicher nicht vor dem Konzil von Soissons, wie Hauréau vermutete, da wir auf Roscelin nicht den Text der Introductio ad theologiam anwenden können. Siehe Resümee Kapitel VI. Beneficiorum quae tibi tot et tanta, a puero usque ad juvenem, sub magistri nomine et actu exhibui oblitus.
[23] Cum te in sacrae scripturae eruditione manifestum sit nullatenus laborasse. - Eine starke Behauptung Roscelins, von der mehr als ein Historiker Abaelards profitierte. Denn Abaelard griff Anselm von Laon an, ohne sich an seinen Unterricht angepasst zu haben.
[24] Quæ sint refutanda demonstremus... haec tria modis omnibus refello... procul dubio constat... utrumque esse falsum comprobabo... quod factum quam irrationabiliter considera... multa enim ex hac Sabelliana singularitate videtur consequi... de vitae tuae inaudita novitate disputemus et ad quantam ignominiam merito tuae immunditiae dilapsus sis demonstremus... non argumentari sed eam fornicari docuisti... neque clericum te esse habitus clerici convincit abjectio, sed multo minus laicus es, quod coronae tuae satis probat ostensio. - Die Worte igitur, ergo, itaque, enim, vero werden - wie in der scholastischen Methode - oft wiederholt.
[25] Sed forte Petrum te appellavi posse ex consuetudine mentiris; certus sum autem, quod masculini generis nomen, si a suo genere deciderit, rem solitam significare recusabit; solerit enim nomina propria significationem amittere, cum eorum significata contigerit a perfectione sua recedere; neque enim ablato tecto vel pariete domus, sed imperfecta domus vocabitur; sublata igitur parte quae hominem facit, non Petrus, sed imperfectus Petrus appellandus es.
[26] Divinarum scripturarum sententiis armatus... non ex mea, sed ex auctoritate divina, quod mihi tenendum est roboretur. - Er beruft sich auf den Heiligen Paulus und den Heiligen Augustinus, um Robert zu tadeln. Er kritisiert Anselm - ejus sententiam sanctorum doctorum quorum doctrina fulget ecclesia dicta vehementer impugnant - und Abaelard - huic singularitati, quam divinae substantiae tribuisti, sanctorum patrum Ambrosii, Augustini, Isidori scripta nequaquam consentiunt etc.
[27] Quod autem dicis, me unam singularem sanctæ Trinitatis substantiam cognovisse, verum utique est, sed non illam Sabellianam singularitatem, in qua una sola res, non plures illis tribus nominibus appellatur, sed in qua substantia trina et triplex tantam habet unitatem, ut nulla tria usquam habeant, nulla enim tria tam singularia, tamque aequalia sunt... Dicas melius qui potest, ego melius non valeo, sed neque quod dico importune defendo... Ut igitur fidei christianae navis inter utrumque scopulum currens illaesa pertranseat, summopere cavendum ne ad Sabellianae singularitatis lapidem in quo patrem incarnatum et passum fateri necesse est, offendat, neque Arianae pluralitatis periculum per prius et posterius per majus et minus substantiam variando incurrat, atque deorum pluralitatem enormitate varietatis inducat... ego autem divinarum scripturarum sententiis armatus similitudinis et aequalitatis imitatem defendens... etc.
[28] [Hoc tempore tam in divina quam in humana philosophia floruerunt Lanfrancus Cantuariorum episcopus, Guido Longobardus, Maingaudus Teutonicus, Bruno Remensis, qui postea vitam duxit heremeticam.] In dialectica [quoque] hi potentes exstiterunt sophistae: Johannes qui eandem artem sophisticam vocalem esse disseruit, Rotbertus Parisiacensis, Roscelinus Compendiensis, Arnulfus Laudunensis. Hi Joannis fuerunt sectatores; qui etiam quamplures habuerunt auditores. - Der Text, von Du Boulay vorgestellt (Hist. univ., Paris, Band 1, Seite 443), wurde von Duchesne veröffentlicht (Scrip. histor. franc., Band 4, Seite 88) und von Dom Bouquet (Recueil des historiens des Gaules et de la France, Band 11, Seite 160, und Band 12, Seite 1). Der anonyme Verfasser führte seine Chronik bis 1110. Du Boulay und alle Historiker der Scholastik geben den Text unvollständig wieder. Weil sie die Sätze in Klammern - vor allem das hoc tempore - ausließen, das sich auf den Tod Wilhelms des Eroberers im Jahre 1087 bezog, und das quoque, welches einen zeitlichen Bezug zwischen den zitierten Philosophen und Dialektikern herstellte, verlegten sie sich auf nahezu unannehmbare Hypothesen. Die von Oudin, Hauréau und Prantl, die Johannes Sophista mit Johannes Scotus Erigena verschmolzen, widerspricht der Chronologie. Du Boulay sprach von Johann dem Tauben, Arzt Heinrichs I., der Philosoph und ein Schüler Berengars war, und machte aus ihm einen Nominalisten. Seine Hypothese ist vollends gegenstandslos. Siehe vor allem: Hauréau, Band 1, Seiten. 244 - 247, und: Clerval, les Écoles de Chartres au moyen age, Paris, 1895.
[29] Herimann, Narr. Rest. Abb. S. Mart. Tornac. (d'Achery, Spicilegium, Band 2, Seite 889)
[30] Prantl nannte (Seite 82, Anmerkung 324): den Pseudo-Rabanus, Jépa (?), ein Anonymus aus dem 9. Jahrhundert, den von Cousin und St. Gallen (De interpr.), Scotus Erigena, die für die vox sind, und Heiric, Anonymus aus St. Gallen (De syllog.) und Berengar, für die sermo.
[31] Über Otto liest man bei Prantl, Seiten 229ff., nach. Man muss den ganzen Text lesen (De gest. Frid., Bd. 1, 47, éd. Urstis. Franc. 1585, Seite 433), von Petrus iste bis quare de sancta Trinitate etc.
[32] Polycrat., VII, 12: ... eorum jam explosa sententia est et facile cum autore suo evanuit." Metal., II, 17: Naturam... universalium... omnes expediunt... alius ergo consistit in vocibus, licet haec opinio cum Rocelino suo fere omnino jam evanuerit, etc. - Unsere chronologische Interpretation der zwei Texte hat offensichtlich den Vorteil, das, was Prantl widersprüchlich erschien, zu erklären. Es hat vor und nach Roscelin Nominalisten gegeben; aber erst durch ihn nahm die Lehre von den voces den Rang ein, der ihr im Universalienstreit zukam.
[33] Die von Degérando et Hauréau zitierten Verse stammten von einem Realisten, der die Dialektik in re, nicht in voce lesen will. Doch in dem von Prantl referierten Text novam philosophandi viam bezog sich dieser auf Ockham, der alle Bereiche anschneidet, und nicht auf Roscelin, der nur in der Dialektik Nominalist ist. Locuples in rebus procreandis stellte offensichtlich die Ockhamsche Formulierung dar, entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem, die thomistischen und vor allem scotistischen Lehren.
[34] Caramuel sagte von Roscelin in seinem Bernardus triumphans: Nominalium sectae non autor, sed auctor. Man wundert sich darüber, dass Hauréau und Ueberweg glaubten, wie eine zeitgenössische Quelle oder eine ansehnliche Autorität das Zeugnis eines Mannes heranziehen zu dürfen, dem von Pascal und Saint-Alphonse de Liguori, Brucker und Abt Monchamp so übel mitgespielt worden war. Du Boulay, Hist. univ., Paris, Band 1, Seite 443: Nominalium princeps et antesignanus Joannes quidam cognomento Sophista, de quo sic Auctor historiae a Roberto rege ad mortem Philippi primi in dialectica, etc. Siehe Fußnote 27, den Text der Historia francica und unsere Anmerkungen.
[35] Es genügt hier der Verweis auf die Arbeit von Nostitz-Rieneck über Leibnitz und die Scholastik. Siehe: Revue ph., Januar 1896, § 8.
[36] Cousin sprach sogar von "Unruhe" (wie von Hartnäckigkeit) seines Geistes und seiner Seele (Seite 99). Ist es abwegig, dass es sich um René handelte?
[37] Rousselot ging soweit, zu schreiben: Le rapport de la coexistence éternelle des trois personnes de la Trinité n'est qu'un mot, flatus vocis; le tout composé de ces trois personnes n'est qu'un mot, flatus vocis, et la Trinité n'est qu'un mot, flatus vocis. (Études sur la philosophie dans le moyen âge, 1, Seite 168) Welcher Theologie resp. Nominalist hat je so gesprochen?
[38] C'est un grand nom... martyr du rationalisme... Disons quel tumulte il causa dans l'Église en exposant son opinion sur la Trinité... hérésie plus téméraire et plus scandaleuse que celle de Bérenger... On n'a pas assez loué son courage etc.
[39] Allein Aventinus hielt ihn für einen Bretonen. Roscelin selbst sagte, er sei in der Kirchenprovinz geboren, in der er erzogen und unterrichtet worden war (Bistum Soissons oder Erzbistum Reims). Er unterzeichnete mit Roscelinus de Compendis und so wurde er auch in den meisten Dokumenten bezeichnet.
[40] Der Ausdruck Ivos rebus suis nudavit et beneficiis poteris ampliari - Bezeichnungen, die zu dieser Zeit üblich waren - oder clericus, magister verraten, dass er keine Pfründe besaß. Sein Einkommen bezog er zweifelsohne aus seiner Unterrichtstätigkeit.
[41] Siehe auch die Begriffe, derer sich Anselm, Theobald, Ivo und Abaelard bedienten.
[42] Siehe Fußnote 12 und 24: Derjenige, den Hauréau (Not. et Extr. de manuscrits latins. Paris, 1893, V) als Sententia de universalibus secundum magistrum R., bekannt machte - war das wirklich ein Text von Roscelin? Dafür gibt es keinen Beweis. - Die Veröffentlichung von Stölzle - Abaelards verloren geglaubter Traktat De unitate et trinitate divina - vermittelte uns nichts von Roscelin, selbst wenn dieser Text, was wir nicht diskutieren wollen, echt ist.

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