Alan von Auxerre: Aus der Secunda Vita Bernardi

© Dr. Werner Robl, Neustadt/WN, Juli 2002

Alan wurde zu unbekanntem Zeitpunkt in Flandern - wahrscheinlich in Lille - geboren. Er trat unter Bernhard von Clairvaux in den Zisterzienserorden ein und wurde in Jahre 1140 Abt des Klosters Larrivour. Im Jahre 1152 wurde er zum Bischof von Auxerre gewählt, legte jedoch im Jahre 1167 dieses Amt nieder und ging als einfacher Mönch zurück nach Clairvaux, wo er zuletzt in Bernhards früherer Zelle lebte und eine Biografie des Heiligen verfasste. Alan starb am 14. Oktober 1185 in Clairvaux. Nicht verwechselt werden darf Alan von Auxerre mit dem Scholastiker Alan von Lille - Alanus de Insulis - der ebenfalls Zisterziensermönch war und aus derselben Heimat stammte, jedoch um einiges jünger war.

Die folgenden Auszüge aus der Vita Secunda Bernardi sind Mignes Patrologia Latina entnommen: PL Band 185, Spalten 468ff. Sie orientieren sich stark an der Vorlage Gottfrieds von Auxerre, variieren jedoch in einigen wenigen Punkten.

 
SECUNDA VITA SANCTI BERNARDI ABBATIS AUCTORE SEU COMPILATORE ALANO QUONDAM EPISCOPO AUTISSIODORENSI.

Venerando Patri Pontio, Dei providentia Clarae-Vallis abbati, frater ALANUS Autissiodorensis ecclesiae humilis quondam sacerdos, aeternam in Christo salutem...

Caput XXVI. Abaelardum impugnat et Henricum haereticum.

Cum jam multis pressus esset laboribus, nec minus quotidianis laboraret incommodis, jam inter fratres sibi requiem affectabat: sed divina providentia aliter providente, ut meritis ejus praemium cresceret, alterius certaminis ei labor accessit. Fuit enim in diebus illis Petrus Abaelardus, magister insignis, et celeberrimus in opinione scientiae: cujus scripta minus consona fidei, cum undique volitare coepissent, viri eruditi atque fideles nonnulla ex his capitula ad Dei Hominem retulerunt. Qui nimirum solita bonitate desiderans errorem corrigi, hominem non confundi, secreta illum admonitione convenit. Cum quo etiam tam modeste, tamque rationabiliter egit, ut ille quoque compunctus, ad ipsius arbitrium correcturum se promitteret universa. Cum itaque in hujus correctionis exspectatione Dei Famulus permaneret, eo penitus ignorante, consilio domini Henrici Senonensis archiepiscopi, dies est celebris constituta, qua praedictus magister et Abbas disputaturi super praefatis capitulis Senonis convenirent. Illa autem dies erat, qua idem pontifex Regi Franciae, et principibus, et universae plebi sanctas erat ostensurus reliquias: ad quam Abbas vocatus, venire penitus recusavit, non hoc suum, sed episcoporum, fidei negotium esse renuntians. Postea tamen magnorum virorum monitis flexus, et auctoritate tractus, tristis quidem, nec sine lacrymis, demum pergere acquievit, sicut in epistola ad Innocentium papam ipse testatur, ubi plenius lucidiusque negotium omne prosequitur. Adfuit dies ubi Rex et venerabilis Samson Remorum archiepiscopus, multique de episcopis utriusque provinciae cum copiosa ecclesia convenerunt. Porro quam magnifice egerit servus fidelis et prudens, et quam utiliter in illo conventu, ecclesia propter hoc congregata evidenter agnovit. Sed et Dominus papa Innocentius in epistola de hoc ad episcopos transmissa in Galliis plenius attestatur: qui videlicet Pontifex non multo post tempore viam universae carnis ingreditur. Eo defuncto, et successoribus ejus Coelestino et Lucio quam velociter consummatis, Eugenius papa Urbis efficitur...

ZWEITE VITA DES HEILIGEN ABTES BERNHARD, GESCHRIEBEN BZW. ZUSAMMENGESTELLT VON ALAN, EINST BISCHOF VON AUXERRE

Dem ehrwürdigen Vater Pontius, aus Gottes Vorhersehung Abt von Clairvaux, sein Bruder Alan, einst demütiger Priester der Kirche von Auxerre: Ewiges Heil in Christus...

Kapitel 26: Er bekämpft Abaelard und den Ketzer Heinrich [von Lausanne]

Als er schon von den vielen Strapazen bedrückt war und nicht weniger an täglichen Unpässlichkeiten litt, suchte er Erholung unter seinen Mitbrüdern. Aber die göttliche Vorhersehung hatte etwas anderes mit ihm vor: Schon kam auf ihn die Anstrengung eines zweiten Kampfes zu, damit mit seinen Verdiensten sein Lohn wuchs. Denn in jenen Tagen lebte Peter Abaelard, ein zwar ausgezeichneter Lehrer, hochberühmt in der Wissenschaft. Aber weil dessen Schriften, die ziemlich wenig mit dem Glauben in Einklang standen, sich überall zu verbreiten begannen, ließen gebildete und rechtgläubige Männer einige seiner Kapitel dem Mann Gottes zukommen. Weil dieser allerdings mit der gewohnten Aufrichtigkeit wollte, dass der Irrtum korrigiert, aber nicht der Mensch als solches in Mitleidenschaft gezogen werde, traf er sich mit jenem zur Ermahnung unter vier Augen. Er ging mit dem Mann so maßvoll und vernünftig um, dass jener sogar auf sein Urteil hin Gewissensbisse bekam und versprach, all seine Schriften zu korrigieren. Aber während der Diener Gottes in der Erwartung dieser Verbesserung verblieb, wurde gegen sein Wissen, auf Ratschlag des Herrn Erzbischof Heinrich von Sens, der berühmte Termin festgesetzt, an dem sich der besagte Meister und der Abt in Sens trafen, um über die oben erwähnten Kapitel zu diskutieren. Das war jener Tag, an dem derselbe Pontifex dem König von Frankreich und den Fürsten sowie dem gesamten Volk die heiligen Reliquien [zur Anbetung] aussetzen wollte: Als der Abt hierzu gerufen wurde, weigerte er sich zunächst hartnäckig, zu kommen; er erwiderte, dies sei nicht seine Glaubensangelegenheit, sondern die der Bischöfe. Nicht ohne Tränen geruhte er schließlich anzureisen, wie er selbst in einem Brief an Papst Innozenz bezeugt, in dem vollständiger und deutlicher der ganze Ablauf des Geschehens wiedergegeben ist. An diesem Tag war auch der König und der ehrwürdige Samson, Erzbischof von Reims, anwesend. Sie trafen sich dort zusammen mit vielen Bischöfen beider Kirchenprovinzen und zahlreichem Kirchenvolk. Nun erkannte aber die deswegen versammelte Kirchengemeinde klar, wie großartig und wie nützlich ihr treuer und kluger Diener in jener Versammlung handelte. Aber auch der Herr Papst Innozenz bezeugt dies allzu reichlich in einem Brief, der in dieser Sache an die Bischöfe in Gallien geschickt wurde. Dieser Pontifex freilich beschritt kurze Zeit später den Weg allen Fleisches. Nach seinem Ableben wurde Eugen zum Papst in Rom gewählt, nachdem zwischenzeitlich auch Innozenz' Nachfolger Zölestin und Luzius schnell dahingerafft worden waren...

 


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