Brief 8: Regel für die Nonnen des Paraklet - Auszüge

Die Zitate sind entnommen aus: Hans-Wolfgang Krautz, Abaelard - Der Briefwechsel mit Heloïse, Stuttgart, 1989.

Diese Buchmalerei, die um 1411 in Innsbruck entstanden ist, zeigt die Predigt eines Mönches"...Die zweite Bitte: Du möchtest uns eine Regel aufstellen und schriftlich zusenden, welche dem weiblichen Geschlechte wesensgemäß ist und die Einrichtung und Gestaltung unseres Ordenslebens von Grund auf beschriebe: Denn wir haben uns überzeugt, dass dies von den heiligen Vätern noch nicht ausgeführt worden ist... Diejenigen aber, welche die Klosterregeln aufgestellt haben, haben nicht nur über Frauen gänzlich geschwiegen, sondern sie haben auch Bestimmungen getroffen, von denen sie wissen mussten, dass sie für Frauen keineswegs passen... Dir, Herr, fällt die Aufgabe zu, solange du noch lebst, uns eine Regel zu geben, die für alle Zeiten bei uns eingehalten werden soll. Du bist ja doch nächst Gott der Gründer dieses Heiligtums, du warst durch Gott der Schöpfer unserer Gemeinschaft, du sollst jetzt mit Gott der Gesetzgeber unseres Ordens sein... Rede zu uns, und wir werden dich hören"

Heloïse an Abaelard, Brief 6

"... Von mir soll euch eine bestimmte Vorschrift als Regel für euren Orden aufgesetzt und zugesandt werden, damit ihr am Geschriebenen noch sicherer als am bloßen Herkommen etwas habt, das euch zu befolgen gebührt. So habe ich mir denn vorgenommen, teils bewährte Gebräuche, teils die Zeugnisse der Heiligen Schrift und die Stützpfeiler der Vernunft zugrunde zu legen und daraus ein Ganzes zu bilden... Ich will zu dem Zweck aus den zahlreichen Schriften der heiligen Väter und aus den bewährtesten Klostergebräuchen eine Regel für euch zusammenstellen. Von allem, was mir ins Gedächtnis kommt, will ich das Beste nehmen und alles gleichsam in ein Bündel sammeln, was ich mit eurem heiligen Berufe übereinstimmen sehe, und zwar nicht nur das, was über Nonnen, sondern auch das, was über Mönche bestimmt worden ist... Ich habe beschlossen, die Schrift, welche ich zu eurer Belehrung verfassen will und in welcher ich euren frommen Stand beschreiben und fest umgrenzen sowie die Begehung des Gottesdienstes darstellen werde, in drei Abschnitte einzuteilen, in denen, so glaube ich, die Hauptsache enthalten ist für das klösterliche Leben: Man soll enthaltsam und ohne Besitz leben, zumeist im Schweigen studieren; das heißt nach der Vorschrift, welche der Herr im Evangelium gibt: die Lenden umgürten, allem entsagen, müßige Worte vermeiden..."

Abaelard an Heloïse, Brief 8

Exkurs: Zur Geschichte der Frauenklöster

Das Regelwerk Basileios des Großen, 330-379, hatte bereits ein Modell eines Doppelklosters vorgesehen. Caesarius von Arles, 470-542, entwarf zur Zeit der Merowinger eine Regel für Jungfrauen, die er in dem von ihm gegründeten Kloster Sainte-Marie in Arles einführte. Sie war verständnisvoll und mild. Seit dem 6. Jahrhundert stand jegliches Klosterleben unter der Regel des Benedikt von Nursia. Im 7. Jahrhundert sind Doppelklöster auch in Gallien nachweisbar, welche in Folge des Reformwerks von Kolumban und seiner irischen Mönche entstanden - mit relativ strenger Regel, ähnlich der von Donatus, dem Bischof von Beçançon, im 7. Jahrhundert erlassenen Regel, die für das Kloster seiner Mutter Flavia ein hartes Strafsystem für Nonnen im Falle von Verstößen gegen die Klosterregel vorsah. Das ca. 626 gegründete Kloster Notre-Dame in Remiremont an der Mosel war Schauplatz eines satirisch-amourösen Nonnenkonzils und wurde von einem Abt und einer Äbtissin geleitet. Dem Doppelkloster Chelles bei Paris stand dagegen eine Äbtissin vor. Aber schon im 9. Jahrhundert waren diese Strukturen wieder aufgelöst. Zur Zeit Heloïsas und Abaelards waren die alten Regeln vergessen, und Heloïsa konnte mit Recht sagen, dass es keine vollziehbaren Regel für Frauenkonvente gebe. Das 12. Jahrhundert war jedoch gekennzeichnet von einer starken Erneuerung der Klosteridee und es gab damals bereits ein reales Vorbild für ein Doppelkloster im Zentrum Frankreichs: Das vom Wanderprediger Robert de Arbrissel gegründete Frauenkloster Fontevraud, das zahlreiche schutzbedürftige Frauen, aber eben auch Männer aufnahm. Dieser später so berühmte Kloster stand unter der Leitung einer Äbtissin. Von Robert selbst ist allerdings kein durchgängiges Konzept für das Doppelkloster erhalten geblieben, und eine erst kurz vor seinem Tode im Jahr 1116 entstandene Regel war kurz und knapp: alle Frauenkirchen waren der Mutter Gottes, alle Männerkirchen dem Apostel Johannes zu weihen.

Der Paraklet - Utopie eines Doppelklosters

Erst etwa zwanzig Jahre später entwarf Abaelard eine ausführliche, durch Exegese abgesicherte und im Einklang mit der Vernunft und der Ethik stehende Klosterregel für den Paraklet-Konvent, wobei er ebenfalls das Modell eines Doppelklosters unterlegte. "So ist er der erste, allerdings auch der einzige Theoretiker des Doppelklosterlebens geworden" (St. Hilpisch). Seine Vorstellungen blieben jedoch wie so vieles andere Utopie. Die Regel entstand während der einsamen und verzweifelten Jahre in Saint-Gildas, und sie entstand auf ausdrücklichen Wunsch Heloïsas, welche damit in einmalig einfühlender Weise dem am realen Klosterleben gescheiterten Abaelard neuen Lebenssinn, Trost und eine neue Aufgabe verlieh. Durch diese Arbeit konnte der Gestrandete seine Einsamkeit, seine Schuldgefühle Heloïsa gegenüber und sein Versagen gegenüber den Mönchen von Saint-Gildas sublimieren, und er tat dies auf eine von hoher Schöpfungskraft geprägte und zukunftsweisende Art: Er schuf die Vision einer gott- und menschenzugewandten Glaubensgemeinschaft, in der er für fromme Frauen und Männer aller Schichten, aber auch für sich und für seine ehemalige Frau sah ein sicheres und sinnvolles Neben- und Füreinander sah. Unter Modifizierung der benediktinischen Regeln ging er einfühlsam auf die besonderen Bedürfnisse von Frauen ein. Im Übrigen ließ er zahlreiche Erkenntnisse, die sich durch die unglückliche Entwicklung von renommierten Konventen wie Fontevraud oder Cluny ergeben hatten, z. B. die Infiltration durch den Hochadel, die Wahl einer zu großen Konventstärke, in seine Ausführungen mit einfließen. Das Paraklet-Kloster war so in besonderer Weise Abaelards und Heloïsas persönliches Projekt; doch die Hoffnungen eines Lebens in der Nähe seiner Frau - die Ehe galt mit dem Eintritt in einen Orden für beide nicht als aufgelöst - erfüllten sich für Peter Abaelard nicht. Getrieben von der Missgunst seiner Widersacher musste er den Parakleten nach einer ersten Phase der persönlichen Unterstützung wieder verlassen... Später bemühte sich Heloïsa um die Verwirklichung von Abaelards Gedanken bei der Abfassung der eigentlichen Regel der Paraklet-Nonnen - so suggeriert es wenigstens zum Teil der überlieferte Text der Institutiones nostrae, der wahrscheinlich in die frühe Phase des Paraklet zurückdatiert, wenngleich er offensichtlich später modifiziert und um ein sehr strenges Regelwerk ergänzt wurde.

Worin liegen die Besonderheiten von Abaelards Regel für den Parakleten?

Eckpunkte der von Abaelard verfassten Regel in Zitaten:

Kritik an den zeitgenössischen Klöstern

Sittenlosigkeit

Wir beobachten an den Vätern mancher Klöster ähnliches: sie rühmen sich ihres zahlreichen Konventes, sehen nur darauf, viele, nicht aber gute Söhne zu haben, und halten sich für etwas Besonderes, wenn sie unter vielen die größten sind. Sie ziehen die Leute in ihre Behausungen, versprechen ihnen gute Tage, da sie ihnen doch ein hartes Leben ankündigen sollten, und weil sie ungeprüft und ohne Unterschied jeden aufnehmen, so verlieren sie ihre Leute wieder durch Abfall... Darum hüte sich jeder, der sich der Menge der Untergebenen freut, dass nicht unter ihnen nach dem Worte des Herrn wenig Auserwählte seien und dass ihm nicht, während er seine Herde maßlos vermehrt, die Kräfte zu ihrer Überwachung fehlen...

Prunksucht

Ja, auch die Abte und Obersten der Klöster machen sich in aufdringlicher Weise an die weltlichen Fürsten und ihre Höfe und finden sich bereits im fleischlichen Leben besser zurecht als im klösterlichen. Nach Menschengunst mit allen Künsten jagend, verstehen sie sich besser darauf, mit den Menschen zu verhandeln, als mit Gott zu reden... Auch der Urheber der Klosterregel selbst, der heilige Benediktus, hat dies sorgsam beobachtet und durch Wort und Tat deutlich gezeigt, wie es sein Wunsch sei, dass die Äbte dauernd in ihrem Kloster anwesend seien und sorglich über ihre Herde wachen... Darum wollen wir keine zu große Gemeinschaft sammeln, deren Bedürfnisse uns Gelegenheit geben, ja uns nötigen, auszugehen: wir würden sonst andere gewinnen und selbst dabei Schaden nehmen nach der Art des Bleis, das sich verzehren lassen muss, damit das Silber im Tiegel erhalten bleibe...

Vernachlässigung der religiösen Studien

Darum sind wir auch nicht wenig erstaunt, welche Einflüsterung des Widersachers in den Klöstern dafür gesorgt hat, dass man keine Studien zum Verständnis der Schrift treibt, sondern nur zum Gesang und zum Aussprechen der Wörter, nicht aber zu deren Verstehen Anleitung gibt: als ob das Blöken der Schafe mehr Nutzen brächte als das Weiden. Denn das Verständnis der Heiligen Schrift ist die Speise und geistliche Erquickung der Seele... Ein Versäumnis in dieser Hinsicht ist namentlich Mönchen, die nach Vollkommenheit streben, schwer anzurechnen, denn sie können die Belehrung leichter haben, da ihnen eine Menge heiliger Bücher zu Gebote steht und sie Zeit und Ruhe genug genießen. Jener Alte in dem Buch Leben der Altväter tadelt mit Recht diejenigen, welche die Menge der Schriftsteller rühmen, aber zum Lesen keine Zeit finden... Jetzt aber bleiben die, die in Klöstern erzogen werden, so einfältig, dass sie, zufrieden mit dem leeren Schall der Worte, sich um das Verständnis der Schrift nicht kümmern und nicht fürs Herz etwas lernen, sondern nur die Zunge üben wollen... So ist auch keine Seele rein, die nicht die göttlichen Gebote wiederkäuet, indem sie darüber nachdenkt, soviel sie vermag, und ihr Unterscheidungsvermögen anwendet, um sie zu befolgen, so dass sie nicht bloß äußerlich Gutes tut, sondern wirklich gut, d. h. mit der richtigen Gesinnung handelt.

Verweltlichung

Gewiss ist es das Werk des alten listigen Versuchers, dass fast alle heutigen Klöster, während sie in alter Zeit, um den Menschen zu entgehen, in der Abgeschiedenheit gegründet worden waren, später, als die Glut der Frömmigkeit erkaltete, Leute herbeigezogen, Knechte und Mägde zusammengeschart und große Bauten an dem der Einsamkeit geweihten Ort errichtet haben; so sind sie selbst in die Welt zurückgekehrt oder haben vielmehr die Welt bei sich eingeschleppt (ungenannt, aber wohl gemeint: Cluny und Fontevraud). In die größten Erbärmlichkeiten verwickelt und an weltliche wie an geistliche Gewalt gebunden, haben sie zugleich Namen und Lebensform des Mönchs, d. h. des Einsiedlers, verloren, während sie müßig und von der Arbeit anderer leben wollten. Sie werden oft sogar von solcher Not bedrängt, dass sie, während sie ihre Schutzbefohlenen und ihr Eigentum zu schützen suchen, oft ihr eigenes Besitztum einbüßen und bei dem häufigen Brande der benachbarten Häuser auch die Klöster selbst verbrannt werden. Und dennoch legen sie ihrem Übermut keine Zügel an... Solche Menschen halten die Beschränkung innerhalb des Klosterbezirks nicht aus, sondern zu zweit und zu dritt, manchmal auch allein, durchstreifen sie Dörfer, Schlösser und Städte, ohne Beachtung einer Ordensregel lebend: Sie sind viel schlechter als die Weltmenschen, je mehr sie an ihrem Gelübde zu Verrätern werden.

Prinzipien des Klosterlebens

Leben in Armut, Keuschheit, Schweigen

Für eure Schwachheit aber ist die Einsamkeit darum so notwendig, weil wir hier den Angriffen fleischlicher Versuchungen weniger ausgesetzt sind und unsern Sinnen weniger Gelegenheit geboten ist, uns zum Stofflichen hinab zu ziehen. Darum sagt auch der heilige Antonius: "Wer in der Einsamkeit wohnt und ein beschauliches Leben führt, dem bleiben dreierlei Kämpfe erspart, der mit dem Gehör, der mit der Zunge und der mit den Augen, und nur ein Kampf bleibt ihm zu bestehen: der mit dem Herzen."

Indem wir für diese Seuche ein einigermaßen wirksames Heilmittel vorsehen, wollen wir wenigstens die Zunge im Zaum halten und vollständiges Schweigen beobachten an folgenden Orten und zu folgenden Zeiten: beim Gottesdienst, im Kloster, im Schlafsaal, im Refektorium, beim Essen, in der Küche und ganz besonders nach der Komplet. Wenn es notwendig ist, wollen wir an den genannten Orten und zu den vorgeschriebenen Zeiten statt der Worte Zeichen anwenden... Denn aus dieser Quelle entspringen Verleumdung, Streit, Verunglimpfung, ja manchmal Zusammenrottungen und Verschwörungen, welche das Gebäude der Religion erschüttern, ja über den Haufen werfen.

Prinzipien des Klosterbaus

Klosteranlage

Bei der Wahl des Ortes für ein Kloster ist, soweit dies irgend geschehen kann, der Rat des heiligen Benediktus zu befolgen: Innerhalb des klösterlichen Bezirkes soll womöglich alles das beschlossen sein, was für ein Kloster unumgänglich notwendig ist: nämlich Garten, Brunnen, Mühle, Bäckerei mit Backofen und Räumlichkeiten, wo die Schwestern ihre täglichen Geschäfte verrichten können, so dass kein Anlass gegeben ist, draußen herumzuschweifen.

Gebäude

An den Gebäuden zeigt es sich deutlich, ob sie größer oder schöner angelegt sind, als ihr Zweck es erfordert, oder ob wir, mit Werken der Bildhauerkunst und der Malerei sie schmückend, Königspaläste bauen statt Hütten der Armut... Darum ist dafür zu sorgen, dass wir unserem Haus und unserem Vermögen eine bestimmte Grenze setzen und nichts, was nicht notwendig ist, begehren, annehmen, wenn es angeboten, oder zurückbehalten, wenn es übernommen worden ist. Denn alles, was über das eigentliche Bedürfnis hinausgeht, besitzen wir nur wie einen Raub und machen uns schuldig am Tode so vieler Armen, wie wir mit unserem Überfluss hätten erhalten können. Jedes Jahr also, nachdem die Früchte eingeerntet sind, ist der Bedarf des Jahres zu überschlagen; was übrig bleibt, das soll den Armen geschenkt oder vielmehr zurückgegeben werden.

Gotteshaus

Der Schmuck des Gotteshauses soll das Notwendige, nicht das Überflüssige enthalten, mehr sauber als kostbar sein. Nichts in ihm soll aus Gold oder Silber gefertigt sein, außer ein silberner Kelch oder auch mehrere, wenn es nötig ist. Verzierungen aus Seide sollen nur an den Stolen und Armbinden angebracht sein. Keine Bildhauerarbeiten sollen im Gotteshaus sein. Nur ein hölzernes Kreuz soll am Altar errichtet werden, worauf - nichts soll daran hindern - das Bild des Erlösers gemalt werden kann, wenn man will. Aber andere Bildwerke sollen den Altären fremd bleiben. Das Kloster soll sich mit zwei Glocken begnügen. Ein Gefäß mit Weihwasser soll außen am Eingang zum Oratorium angebracht werden, damit sich die in der Frühe Eintretenden, und wer nach dem Gottesdienst hinausgeht, damit weihen. Keine der Nonnen soll bei den Horen fehlen; vielmehr: sobald das Zeichen mit der Glocke gegeben wird, sollen sie alles andere beiseite legen und zum Gottesdienst eilen, doch bescheidenen Ganges. Im Chor darf kein anderes Buch geduldet werden als das, welches zum jeweiligen Gottesdienst gerade nötig ist... Die Psalmen sollen laut und deutlich gesprochen werden, die Psalmodie oder der Gesang soll so gemäßigt sein, dass auch die, welche eine schwache Stimme haben, aufkommen können. In der Kirche soll nichts gelesen oder gesungen werden, was nicht der Heiligen Schrift selbst entnommen ist, also dem Neuen oder Alten Testament, welche beide so in Leseabschnitte einzuteilen sind, dass sie jedes Jahr in der Kirche einmal zur Verlesung kommen. Abhandlungen oder Predigten der Kirchenlehrer oder sonst erbauliche Schriften werden bei Tisch oder im Kapitel vorgelesen; doch soll das Lesen auch sonst überall, wo es nötig ist, allen gestattet werden. Doch soll keine Schwester sich etwas vorzulesen oder zu singen erlauben, wovon sie nicht vorher Kenntnis genommen hat. Wenn eine im Oratorium etwas Unpassendes vor die Versammlung bringt, so soll sie in Gegenwart aller Schwestern um Verzeihung bitten...

Modell eines Doppelklosters

Tafel des Bernhardaltars, Niederösterreich, 1500Dieser weisen Einrichtung folgend wollen wir, dass die Frauenklöster allezeit Männerklöstern unterstellt werden, damit die Brüder für die Schwestern sorgen und beide ein gemeinsames väterliches Oberhaupt haben, auf dessen Voraussicht beide Klöster angewiesen sind... Es ist also notwendig, dass den Frauenklöstern Mönchsklöster zur Seite stehen und dass die äußeren Angelegenheiten der Frauen von Männern besorgt werden, welche durch das gleiche Gelübde gebunden sind... Eine solche brüderliche geistige Gemeinschaft ist darum vor Gott und Menschen so angenehm, weil sie beiden Geschlechtern, soweit sie sich dem Klosterleben weihen, entgegenkommt. Die Mönche sollen Männer, die Nonnen Frauen aufnehmen, und so wird sich diese um jede Seele, die um ihr Heil bekümmert ist, selbst kümmern können. Und wenn einer zugleich mit seiner Gattin oder Mutter oder Schwester oder Tochter oder einer Pflegebefohlenen sich dem Klosterleben weihen will, so wird er hier vollen Trost finden. Beide Klöster sollen durch die Zuwendung in umso größerer Liebe miteinander verbunden und füreinander besorgt sein, je mehr die Insassen durch eine gewisse Nähe oder Verwandtschaft aneinander gebunden sind... Alles, was an Mundvorräten, Kleidern, auch an Geld , vorhanden ist, soll bei den Dienerinnen Christi niedergelegt und aufbewahrt werden, und von dem, was den Schwestern übrig bleibt, soll den Brüdern mitgeteilt werden. Das, was draußen zu holen ist, sollen die Brüder beschaffen, und die Schwestern sollen nur das tun, was im Innern des Klosters passenderweise von Frauen besorgt werden kann: den Brüdern Kleider anfertigen oder reinigen, Brot bereiten, zum Backen einliefern und das Gebackene wieder in Empfang nehmen. Ihnen obliegt auch die Milchwirtschaft sowie die Hühner- und Gänsezucht, überhaupt alles, was passender Frauen als Männer verrichten können.

Der Frauenkonvent

Klosterhierarchie

So soll es auch in den Klöstern gehalten werden: eine würdige Schwester soll die Oberaufsicht über die andern haben; nach ihrer Meinung und nach ihrem Gutdünken sollen die andern alles ausführen; keine soll sich unterstehen, ihr Schwierigkeiten zu machen oder gegen ihren Befehl zu murren. Denn keine menschliche Gemeinschaft, nicht einmal die kleine Genossenschaft auch nur einer Familie, kann unversehrt bestehen, wenn man nicht streng auf Einigkeit hält und nicht das Regiment in der Hand eines einzigen liegt... Unter ihr sollen dann wieder andere gleichsam als Hilfsbeamte stehen, welche sie nach eigenem Ermessen wählen mag. Diese sollen ihres Amtes walten in dem Umfang, wie es ihnen von der Oberin übertragen worden ist, und gleichsam die Anführer und Berater im Heere des Herrn sein... Ich meine, dass für die gesamte Verwaltung des Klosters unter euch sieben Schwestern notwendig sind und ausreichen: nämlich eine Pförtnerin, eine Kellermeisterin, eine Kleiderbewahrerin, eine Vorsängerin, eine Sakristane, endlich eine Diakonisse, oder, wie man sie jetzt nennt, eine Äbtissin. Diese Diakonisse bekleidet gleichsam die Stelle des Feldherrn, dem alles gehorcht in diesem geistlichen Lager...

Diakonisse=Äbtissin

Mit allem Ernst also hat man darauf zu sehen, dass bei der Wahl und Weihe der Diakonisse vor allem der Rat des Apostels befolgt und eine Schwester gewählt werde, welche durch ihre Lebensführung und durch ihr Wissen den andern überlegen sein soll; durch ihr Alter soll sie Reife der Sitten versprechen; durch Gehorsam soll sie sich das Recht zum Befehlen erworben haben; die Regel soll sie nicht bloß vom Hörensagen, sondern vom Ausüben kennen gelernt und sich fest eingeprägt haben. Wenn sie nicht gebildet sein sollte, so mag sie wissen: Sie ist ja nicht zu philosophischen Verhandlungen und dialektischen Übungen da, sondern sie soll sich mit der Kunst des regelgerechten Lebens und mit der Ausübung guter Werke befassen... Hält es die Äbtissin jedoch für nötig, zu gründlicherer Erkenntnis dieses oder jenes Gegenstandes sich an die Schrift zu wenden, so mag sie, ohne zu erröten, gelehrte Leute darüber befragen, etwas Neues lernen und hierbei die Aufschlüsse, welche die Wissenschaft gibt, nicht gering achten, sondern sich sorgfältig aneignen... So soll denn die Äbtissin gleich einem umsichtigen, unermüdlichen Feldherrn bald hier, bald dort sein und ihr Lager in Ordnung halten und mustern, damit nicht durch Nachlässigkeit dem ein Zugang sich öffne, "der umhergeht wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge..." Die Schwester, die den andern vorsteht, mag alle Zeit bedenken, dass sie die Verantwortung für Leib und Seele der Ihrigen übernommen hat... Um solchem Verderben, soweit wir können, zu steuern, verbieten wir durchaus, dass die Äbtissin besser und gemächlicher lebe als ihre Untergebenen. Weder beim Essen noch beim Schlafen soll sie abgesonderte Gemächer haben, sondern sie soll alles zusammen mit der ihr anvertrauten Herde tun und dadurch, dass sie immer zugegen ist, umso besser für sie sorgen. Wir wissen wohl, dass der heilige Benedikt, in seiner Fürsorge für Pilger und Gäste, dem Abt gestattete, mit diesen an einem besonderen Tische zu sitzen. Dies ist damals in gutem Glauben bestimmt, später aber zum Besten der Klöster dahin geändert worden, dass der Abt den Konvent nicht verlassen, sondern dass ein zuverlässiger Hausmeister für die Pilger sorgen solle. Denn während der Mahlzeit kann leicht ein Verstoß vorkommen, und gerade bei dieser Gelegenheit muss besonders streng auf Ordnung geachtet werden. Es kommt auch vor, dass man unter dem Vorwand der Gastfreundschaft mehr sich selbst etwas Gutes gönnt als den Gästen. Dadurch fühlen sich alle, die nicht dabei sind, wegen ihres tiefen Argwohns verletzt und murren. Je weniger die Lebensführung des Abtes den Seinigen bekannt ist, desto geringer ist sein Ansehen. Jede Art von Entbehrung erscheint dagegen allen dann erträglicher, wenn alles gleicherweise daran trägt, und in erster Linie die Vorgesetzten... Da also den Vorgesetzten vor allen Dingen Nüchternheit Not tut, so müssen sie selbst um so genügsamer leben, da sie ja auch noch für andere zu sorgen haben. Um die Gabe Gottes, d. h. das ihnen verliehene Ehrenamt, nicht in Übermut zu verkehren... Auch das muss vermieden werden, dass die Herde durch Abwesenheit der Hirten Gefahr laufe, und dass, während die Vorgesetzten draußen herumschweifen, drinnen die Zucht erlahme. Wir bestimmen daher, dass die Äbtissin mehr für die geistlichen als für die leiblichen Bedürfnisse ihrer Schwestern sorgen und das Kloster nicht um äußerlicher Angelegenheiten willen verlassen soll...

Mesnerin

Die Mesnerin, die zugleich auch Schatzmeisterin ist, hat die Aufsicht über das ganze Gotteshaus; sie bewahrt die Schlüssel, die zu ihm gehören, und alles, was zum Gottesdienst notwendig ist. Gaben, welche dem Kloster dargebracht werden, hat sie in Empfang zu nehmen und für alles, was im Gotteshaus zu machen oder wiederherzustellen ist, sowie für die gesamte Ausschmückung Sorge zu tragen. Außerdem fällt ihr die Sorge zu für die Hostien, für die Gefäße und Becher, die auf den Altar gehören und überhaupt für dessen Ausschmückung; ferner für die Reliquien, für den Weihrauch, für die Kerzen, für den Stundenzeiger und für das Schlagen der verschiedenen Glockenzeichen. Die Hostien sollen womöglich die Jungfrauen selbst bereiten und das Mehl dazu reinigen, auch sollen sie die Altartüchlein rein halten. Doch soll weder die Mesnerin noch sonst eine der Nonnen die Reliquien oder die Altargefäße oder Altardecken berühren, wenn sie ihnen nicht zum Zweck der Reinigung übergeben werden. Zu diesem Zweck soll man Mönche oder Laienbrüder herbeirufen und auf ihre Ankunft warten. Wenn nötig, sollen unter Aufsicht der Mesnerin aus ihrer Zahl etliche zu diesem Geschäft bestellt werden, die würdig sind, die Gefäße zu berühren. Die Schwester soll die Schränke öffnen, und die Mönche sollen die Gefäße herausnehmen und wieder hineinstellen. Diejenige Schwester, welche diese Aufsicht über das Sanktuarium hat, muss sich durch Reinheit ihres Lebenswandels besonders auszeichnen. An Leib und Seele soll sie, soweit möglich, tadellos und von erprobter Enthaltsamkeit und Keuschheit sein. Auch muss sie in der Berechnung der kirchlichen Festtage nach dem Lauf des Mondes bewandert sein, damit die Festzeiten im Gottesdienst genau eingehalten werden.

Vorsängerin

Die Vorsängerin hat die Aufsicht über den ganzen Chor; sie hat für den Gottesdienst zu sorgen und die Leitung bei der Ausbildung inne, wenn die anderen singen, Noten lesen, schreiben und diktieren. Sie führt auch die Aufsicht über die Bücherschränke, gibt Bücher daraus ab und reiht solche ein und übernimmt die Sorge, ja ist sogar selbst bemüht um das Abschreiben und Ausschmücken der Bücher. Sie ordnet an, wie man im Chor zu sitzen hat, und verteilt die Plätze; sie bestimmt diejenigen, welche vorzulesen oder zu singen haben, und hat ein Verzeichnis der Abschnitte, die wöchentlich im Kapitel gelesen werden sollen, anzulegen. Darum muss sie im Schriftwesen wohl bewandert sein und vor allem sich in der Musik auskennen. Auch soll sie nächst der Äbtissin für die Klosterzucht überhaupt sorgen, und wenn diese anderweitig in Anspruch genommen ist, soll sie ihre Stelle vertreten.

Krankenwärterin

Die Krankenwärterin wird den Kranken dienen und soll sie vor Sündenschuld wie vor leiblicher Not bewahren... Es ist notwendig, dass eine Krankenwache eingerichtet werde, die jederzeit, wenn es nötig ist, zu Hilfe kommt, und das Haus muss mit allem, was für Kranke notwendig ist, versehen sein. Auch für Arzneimittel soll man Sorge tragen, wenn es notwendig ist, je nach den örtlichen Möglichkeiten. Das wird leichter geschehen können, wenn die Krankenwärterin etwas von der Heilkunde versteht. Auch das Verfahren der Blutentziehung ist ihre Sache. Sie muss im Aderlass erfahren sein, damit man nicht deswegen einem Mann den Eintritt zu den Frauen gestatten muss. Die Krankenwärterin hat auch für die Einhaltung der kanonischen Stunden und für die Kommunion bei den Kranken zu sorgen; am Sonntag wenigstens sollten sie kommunizieren nach jedes Mal vorangegangener Beichte und Buße, soweit dies möglich ist.

Kleiderverwalterin

Die Kleiderverwalterin hat die Sorge für die gesamten Kleidungsstücke auf sich zu nehmen, sowohl, was das Schuhwerk, als auch, was die anderen Sachen betrifft. Sie hat die Schafschur zu veranlassen und nimmt das Leder für das Schuhzeug in Empfang. Sie wird Leinwand oder Wolle pflegen und aufbewahren und die gesamte Sorge für die Weberei übernehmen. Sie versieht alle Schwestern mit Faden, Nadel und Schere. Sie hat den Schlafsaal zu beaufsichtigen und für die Betten zu sorgen. Ferner obliegt ihr die Sorge für Tischdecken, Handtücher und für die gesamte übrige Wäsche sowie für das Zuschneiden, Nähen, Waschen... Die Werkzeuge, die sie zu ihren Arbeiten nötig hat, soll sie haben, und sie soll jede der Schwestern mit der für sie passenden Arbeit versehen. Denn auch der Novizen soll sie sich annehmen, bis sie in den Orden aufgenommen werden.

Kellermeisterin

Die Kellermeisterin hat Sorge zu tragen für alles, was ins Gebiet des Lebensunterhaltes gehört: sie hat die Aufsicht über den Keller, das Refektorium, die Küche, die Mühle, die Bäckerei mit dem Backofen, über den Baum- und den Gemüsegarten und über den gesamten Feldbau, auch über die Bienenzucht, über das Groß- und Kleinvieh und über das notwendige Geflügel. Von ihr wird geholt, was man zum Essen braucht. Sie darf vor allem nicht knausern, sondern soll freigebig und gern bereit sein, zu liefern, was man braucht.

Pförtnerin

Zum Amt der Türhüterin oder Pförtnerin - was dasselbe ist - gehört die Aufnahme der Gäste. Sie muss alle Ankömmlinge anmelden und dahin führen, wohin man darf; ihr obliegt die Fürsorge für die Bewirtung. Sie muss reif an Alter und Verstand sein, damit sie Rede und Antwort zu stehen vermag und beurteilen kann, wie und wer überhaupt aufzunehmen ist und wer nicht. Sie soll gleichsam der Vorhof des Herrn sein, von dem aus ein Glanz aufs ganze Kloster fällt, denn bei ihr empfängt man den ersten Eindruck. Dem gemäß sei sie freundlich in ihren Worten, mild in der Anrede. Auch diejenigen, die sie abweisen muss, soll sie durch die Art, wie sie ihre Gründe darlegt, in der Liebe zu erbauen suchen... Sie soll auch öfters nach den Armen sehen, und je besser sie erkennt, ob ihnen etwas an Speise oder Kleidung zuzuteilen ist, wird sie es zuteilen. Bedarf sie oder eine der anderen Schwestern in ihrer Amtsführung einer Hilfe oder Erleichterung, so sollen ihnen von der Äbtissin Gehilfinnen zugewiesen werden. Diese soll man womöglich aus den Laienschwestern nehmen, damit keine der Nonnen beim Gottesdienst oder im Kapitel und Refektorium fehle... Die Pförtnerin soll ihre Zelle neben der Eingangstür haben, woselbst sie oder ihre Stellvertreterin allezeit der Ankommenden gewärtig sein soll. Doch sollen sie unterdessen nicht müßig sein und sich des Schweigens um so mehr befleißigen, je weniger ihre Geschwätzigkeit denen, die draußen sind, verborgen bleiben kann. Die Aufgabe der Pförtnerin ist es, nicht allein die Männer, bei denen es sich gehört, abzuweisen, sondern überhaupt alle Gerüchte fernzuhalten, damit sie nicht planlos an den Konvent herangetragen werden, und von ihr selbst muss man Rechenschaft fordern über jede Ausschreitung, die darin stattgefunden hat. Hört sie etwas, was zu wissen wichtig ist, so hat sie es in aller Stille der Äbtissin zu hinterbringen, und diese mag dann, wenn es ihr der Mühe wert scheint, darüber beraten... Sobald ans Tor geklopft oder draußen gerufen wird, soll die Schwester, welche an der Pforte ist, die Ankömmlinge fragen, wer sie sind oder was sie wollen, und wenn es nötig ist, die Pforte öffnen und die Fremden hereinlassen... Die aufgenommenen Frauen und die Männer, die wegen irgendwelcher besonderen Sache eingelassen worden sind, soll die Pförtnerin zunächst in ihrer Zelle warten lassen, bis sie von der Äbtissin oder von den Schwestern, wenn dies nötig und ratsam ist, empfangen werden. Armen aber, welche der Fußwaschung bedürfen, soll dieser Dienst der Gastfreundschaft von der Äbtissin selbst oder von den Schwestern mit Sorgfalt geleistet werden... Alle mit Ämtern beauftragten Schwestern, die sich mit den Wissenschaften nicht befassen, sollen mit diesen Pflichten bekannt gemacht werden, mit Ausnahme der Vorsängerin und derjenigen Schwestern, die für das Studium sich tauglich erweisen, damit sie sich freizügiger den Wissenschaften widmen können.

Tagesablauf der Nonnen

Nonnen beim Gebet, Heilpflanzenbuch, Buchmalerei, Österreich, 1500Um Mitternacht erhebt man sich nach der Anweisung des Propheten zu den nächtlichen Vigilien. Es ist darum notwendig, so früh schlafen zu gehen, dass die zarte Natur diese Nachtwachen ertragen und das Tagewerk mit Sonnenaufgang begonnen werden kann, wie dies auch der heilige Benediktus vorschreibt. Nach den Vigilien soll man sich wieder zur Ruhe begeben, bis das Zeichen zur Matutin ertönt. Während des übrigen Teils der Nacht soll der zarten Natur der Schlaf nicht verweigert werden. Denn der Schlaf vor allem erquickt den müden Körper, macht ihn wieder arbeitsfähig und erhält ihn nüchtern und munter. Wer aber der Meditation über die Psalmen oder irgendwelche Lektionen bedarf, wie dies auch der heilige Benediktus erwähnt, der soll dies so tun, dass er die Ruhenden nicht im Schlaf störe...

Die Matutin soll beim ersten Tageslicht gefeiert werden, und das Zeichen dazu beim Sonnenaufgang selbst, wenn man ihn sehen kann, ertönen. Wenn sie vollzogen ist, kehre man zum Schlafsaal zurück. Im Sommer, wo die Nacht kurz und die Morgenzeit lang ist, verbieten wir den Schwestern nicht, vor der Prim noch etwas zu schlafen, bis das Zeichen dazu ertönt und sie geweckt werden... Diese Morgenruhe soll also gestattet sein von Ostern bis zur Herbst-Tagundnachtgleiche, von wo an die Nacht beginnt, den Tag zu überholen.

Nach dem Verlassen des Schlafsaals sollen sich die Schwestern waschen, ihre Bücher in Empfang nehmen und lesend oder singend im Kreuzgang sitzen, bis es zur Prim läutet. Nach der Prim begibt man sich in den Kapitelsaal; dort setzt sich alles nieder, und nach Verkündigung des Datums wird ein Abschnitt aus der Märtyrergeschichte vorgelesen. Darauf kann eine erbauliche Besprechung folgen oder ein Abschnitt der Regel vorgelesen und erklärt werden. Endlich soll hier erledigt werden, was etwa zu tadeln oder neu anzuordnen ist.

Haben die Schwestern den Kapitelsaal verlassen, so sollen sie die vorgeschriebenen Arbeiten vornehmen und sich mit Lesen oder Singen oder mit Handarbeit beschäftigen bis zur Terz.

Nach der Terz soll die Messe gelesen werden, wozu ein Mönchspriester zum Wochendienst eingeteilt ist. Dieser soll, wenn Leute genug vorhanden sind, einen Diakon und Subdiakon mitbringen, welche ihm administrieren, oder sein Amt auch selbst ausüben. Ihr Zu- und Abgang soll so vonstatten gehen, dass sie mit den Schwestern nicht zusammentreffen. Sind mehrere nötig, so ist auch dafür zu sorgen, und zwar soll man dabei darauf sehen, wenn es möglich ist, dass die Mönche niemals wegen der Messen im Nonnenkloster ihrem eigenen Konvent beim Gottesdienst entzogen werden.

Auch nach der Messe sollen die Schwestern wieder zur Arbeit zurückkehren bis zur Sext; überhaupt sollen sie nie müßig sein, sondern jede soll arbeiten, was sie kann und muss.

Nach der Sext soll man zum Essen gehen, falls nicht ein Fasttag ist. In diesem Fall soll man mit dem Essen warten bis zur None, in der großen Fastenzeit bis zur Vesper. Zu keiner Zeit soll im Konvent das Vorlesen unterbleiben. Will die Äbtissin aufhören, so sage sie: Es ist genug. Und alsbald sollen sich alle zum Dankgebet erheben.

Im Sommer soll man nach dem Essen bis zur None im Dormitorium ruhen, nach der None wieder an die Arbeit gehen bis zur Vesper. Unmittelbar nach der Vesper wird das Abendessen eingenommen oder das Fastenmahl, je nach den Zeitumständen. Samstags findet vor dem Abendimbiss eine Reinigung statt, bestehend im Waschen der Füße und Hände. Bei dieser Verrichtung soll die Äbtissin tätig sein im Verein mit den Schwestern, welche den Wochendienst in der Küche haben.

Nach dem Abendessen gehe man alsbald zur Komplet; hierauf begebe man sich zur Ruhe.

Kommunion

Wenn die Schwestern kommunizieren wollen, so soll dazu ein älterer Priester ausgewählt werden, der ihnen nach der Messe das Abendmahl gibt; vorher aber sollen sich der Diakon und Subdiakon entfernen, um jeden Anlass einer Anfechtung zu entfernen. Mindestens dreimal im Jahr sollen alle Nonnen kommunizieren, an Ostern, an Pfingsten und an Weihnachten, wie dies von den Vätern auch für die Laien angeordnet ist. Zu diesen Kommunionen sollen sie sich so vorbereiten, dass alle sich drei Tage vorher der Beichte und entsprechender Buße unterziehen, und in aller Demut und Furcht drei Tage mit Fasten bei Wasser und Brot und unter anhaltendem Gebet sich reinigen...

Mäßigung in Essen und Trinken

Damit das Notwendige ausreiche, suche man nicht das Überflüssige. Was billig beschafft werden kann und sich leicht trägt, ohne Anstoß zu erregen, das wird sich empfehlen. Nur die Verletzung des eigenen oder eines fremden Gewissens mit den Speisen verbietet der Apostel, da er wohl weiß, dass nicht das Essen an sich Sünde ist, sondern die Begierde... Wir sollen uns auch nicht über das Maß mit Kasteiung quälen, damit wir nicht entweder ganz erliegen oder aber durch Murren unseres Lohns verlustig gehen oder uns unserer Trefflichkeit rühmen... Aller Eifer in dieser Hinsicht soll geleitet werden von klugem Unterscheidungsvermögen, der Mutter aller Tugenden. Sie soll jedem die Last zuweisen, die er seiner eigenen Fähigkeit entsprechend tragen kann, die Natur nicht vergewaltigen, sondern sich nach ihr richten, nicht die Stillung des Hungers verbieten, aber Schwelgerei im Überfluss fernhalten. So wird das Laster ausgerottet und die Natur doch nicht verletzt... Keine Speise also verunreinigt die Seele, sondern nur die Begierde nach verbotener Speise. Denn wie der Leib nur durch leiblichen Schmutz verunreinigt werden kann, so die Seele nur durch geistigen. Und nichts ist zu fürchten bei allem, was der Leib verrichtet, wenn nur der Geist sich nicht zur Einwilligung verleiten lässt... Weil aber die Verbindung zwischen Seele und Leib zur einen Person so sehr eng ist, müssen wir uns vorsehen, dass nicht die Seele von der Fleischeslust sich mit fortreissen lasse und dass nicht das Fleisch, wenn man ihm allzu sehr nachgibt, im Übermut dem Geist widerstrebe und so das, was Untertan sein sollte, Herr werde. Dies werden wir vermeiden, wenn wir alles Notwendige gestatten, allen Überfluss aber, wie schon öfters gesagt, fernhalten und dem schwachen Geschlecht erlauben, alle Speisen mit Maß, keine aber im Unmaß zu gebrauchen... Sollten wir also den Frauen nicht auch Freiheit lassen in Dingen, die ihnen bis jetzt überhaupt in keiner Regel verboten werden?

Weinkonsum

Welches von allen Nahrungsmitteln der Menschen ist aber so gefährlich, so schädlich und unserem Beruf und der frommen Beschaulichkeit so unzuträglich wie der Wein? In notwendigen Fällen wird... der Weingenuss nicht verboten... soll niemand, mit Ausnahme der Kranken, Wein oder sonst geistige Getränke berühren... Dennoch steht es fest nach dem Zeugnis derer, die über Physik geschrieben haben, dass der Wein den Frauen weit weniger anhaben könne als den Männern... Wenn wir uns nur damit begnügen könnten, bis zur Stillung des Durstes zu trinken, und uns nicht so leicht zur Überschreitung des rechten Maßes verleiten ließen... Des Weines also, der, wie gesagt, lose Leute macht und darum der guten Zucht und der Schweigsamkeit Feind ist, sollen sich die Frauen um Gottes willen entweder ganz enthalten... oder aber sollen sie ihn mit Wasser mischen, was für den Durst wie für die Gesundheit zuträglich ist und wodurch er seine schädliche Wirkung verliert. Dies wird, glaube ich, erreicht, wenn zu drei Teilen Wein ein Teil Wasser gemischt wird... Erachten wir es für sicherer, wenn wir auch den Genuss bis zur Sättigung nicht verbieten, damit wir aus dem Verbot nicht in Gefahr geraten. Denn, wie wir schon wiederholt gesagt haben, nicht die Sättigung ist Sünde, sondern die Unmäßigkeit. Auch ist nichts dagegen einzuwenden, dass für Kranke gewürzte Weine bereitet werden und dass sie ungemischten Wein bekommen. Doch im Konvent soll solcher nie getrunken werden, sondern allein von den Kranken...

Brot

Dass Brot aus reinem Weizenmehl gemacht werde, verbieten wir streng, vielmehr soll stets mindestens ein Drittel gröberen Mehles darunter gemengt werden. Auch soll man das Brot nicht essen, solang es noch warm ist, sondern nur solches, das mindestens einen Tag alt ist. Die Fürsorge für die übrigen Nahrungsmittel soll die Äbtissin in der Weise treffen, dass sie mit dem, was billig und leicht zu haben ist, den Bedürfnissen des schwachen Geschlechts entgegenkommt.

Fleisch

Indem wir also zugleich das Vermögen und die Natur der Menschen berücksichtigen, verbieten wir von Nahrungsmitteln überhaupt nichts, nur in allem das Übermaß. Wir setzen den Genuss von Fleisch und anderen Nahrungsmitteln aber auf ein solches Maß herab, dass die Enthaltsamkeit der Nonnen, trotzdem ihnen alles erlaubt ist, dennoch sich mehr bewährt als die der Mönche, denen einiges verboten ist. Und so wollen wir den Genuss des Fleisches in der Weise beschränkt wissen, dass am Tag nicht mehr als einmal davon gegessen werden soll; auch darf nicht ein und dieselbe Person mehrere Fleischgerichte erhalten, Gemüse sollen nicht hinzugefügt werden, und nicht öfters als dreimal in der Woche soll ihr Fleisch zu genießen erlaubt sein, nämlich am ersten, dritten und fünften Wochentage, wenn auch hohe Feste auf die anderen Tage fallen. Denn je höher ein Fest ist, desto mehr soll es durch fromme Enthaltsamkeit gefeiert werden...

Gemüse

Wenn es kein Fleisch gibt, so gestatten wir zwei Gerichte von irgendwelchem Gemüse, und auch Fische können dazu gegeben werden. Kostbare Gewürze sollen nicht zugesetzt werden, sondern die Schwestern sollen mit den Erzeugnissen des Landes, das sie bewohnen, zufrieden sein. Früchte soll es nur zur Hauptmahlzeit zu essen geben...

Einzelfasten

Will eine der Schwestern durch spärlichere Kost ihren Leib kasteien, so soll sie es sich nur durch ausdrückliche Erlaubnis herausnehmen, und diese darf ihr keineswegs versagt werden, wenn ihr Vorsatz nicht aus Leichtsinn, sondern aus wirklichem Ernst entsprungen zu sein scheint und ihre Gesundheit es zu ertragen vermag. Keiner aber soll es gestattet sein, über diesem Zweck die Pflichten gegen den Konvent zu verabsäumen oder einen Tag ganz ohne Speise zu verbringen. Freitags sollen die Schwestern nie Fleischkost genießen, sondern sich mit der Fastenspeise begnügen und auf diese Weise durch Enthaltsamkeit gewissermaßen an dem Leiden ihres Bräutigams teilnehmen, der an diesem Tag gelitten hat.

Gemeinschaftsfasten

Was die Fastenperioden betrifft, so mag für die Schwestern die allgemeine kirchliche Ordnung genügen; wir wollen sie in diesem Stück nicht schwerer belasten, als die gläubigen Laien auch belastet sind, und wir nehmen es nicht auf uns, von ihrer Schwäche mehr zu verlangen als von der Mannhaftigkeit der Männer. Doch glauben wir, dass von der Herbst-Tagundnachtgleiche bis Ostern wegen der Kürze der Tage eine Mahlzeit täglich genügen wird. Wir verordnen dies wegen der kurzen Dauer des Tages, nicht um zum Fasten zu veranlassen, und machen dabei in den verschiedenen Arten der Speisen keinen Unterschied.

Tischsitten

Eine Unsitte, die in vielen Klöstern herrscht, ist nicht nur fernzuhalten, sondern heftig zu verabscheuen, dass man nämlich an den übrig gebliebenen Stückchen Brot, die den Armen zugehören, Hände und Messer reinigt und abwischt und, um die Tischtücher zu schonen, das Brot der Armen besudelt oder vielmehr das Brot desjenigen, der sich selbst zu den Armen gerechnet hat.

Kleidung

Das Prunken mit Kleidern, das die Schrift überall verwirft, soll durchaus vermieden werden... Ihr Schmuck soll nicht äußerlich sein, mit Haar flechten und Gold umhängen oder Kleider anlegen, sondern der verborgene Mensch des Herzens, unverrückt mit sanftem und stillem Geiste, das ist köstlich vor Gott... Für die ernste Tracht der Buße ist kein Stoff geeigneter als der schwarze, und kein Pelzwerk kleidet die Bräute Christi besser als das der Lämmer: So zeigen sie schon durch ihr Gewand, dass sie das Lamm, das den Jungfrauen verlobt ist, angezogen haben oder anziehen sollen. Die Schleier sollen nicht aus Seide, sondern aus einem gefärbten Linnenstoff sein. Zwei Arten von Schleiern sind zu unterscheiden: die einen für die Jungfrauen, welche vom Bischof schon geweiht, die anderen für solche, die dies noch nicht sind. Die Schleier der geweihten Jungfrauen sollen mit dem Kreuz gezeichnet sein. Dies Zeichen soll bedeuten, dass sie mit der Unberührtheit auch ihres Leibes ganz und gar Christo angehören, und wie sie durch ihre Weihe von den übrigen sich unterscheiden, so soll auch ihr Gewand ein besonderes Zeichen tragen, das die Gläubigen abschrecken soll, in Begierde nach ihnen zu entbrennen. Zeichen jungfräulicher Reinheit, aus weißem Faden genäht, soll die Jungfrau auf dem Scheitel ihres Hauptes tragen, aber nicht eher soll sie sich herausnehmen, es zu tragen, als bis sie vom Bischof die Weihe empfangen hat: kein anderer Schleier soll dieses Zeichen tragen. Auf dem bloßen Leib sollen die Schwestern reine Hemden tragen und auch in ihnen schlafen... Zur Bekleidung des Körpers scheint uns zu genügen ein Hemd, ein Pelz, ein Gewand, und wenn die Kälte sehr schneidend wird, darüber ein Mantel. Diesen können die Schwestern beim Schlafen auch als Decke benutzen. Wegen der Belästigung des Ungeziefers und wegen der Beschwerlichkeit der Reinigung sollen alle diese Kleidungsstücke doppelt gehalten werden... Die Kleider sollen der Länge nach nicht weiter als bis zum Absatz reichen, damit kein Staub aufgewirbelt wird. Die Ärmel sollen nicht länger sein als Arm und Hand zusammen. Die Beine und Füße sollen mit Schuhen und Strümpfen geschützt sein, und nie sollen die Schwestern barfuß gehen, auch nicht unter dem Verwand der Frömmigkeit... Auf dem Kopf sollen die Schwestern eine weiße Binde tragen, darüber einen schwarzen Schleier, und wo es nötig ist, auf der Tonsur eine Mütze aus Lammfell.

Schlafen

Auch wollen wir in Anbetracht ihrer schwachen Natur den Gebrauch von weichen Matratzen und Betttüchern nicht verbieten. Jede aber soll für sich schlafen und essen. Keine soll sich beschweren, wenn Kleider oder sonstige Dinge, die ihr von andern überlassen wurden, einer Schwester zugewiesen werden, die sie mehr nötig hat... Für die Betten genügt eine Matratze, ein Polster, ein Kissen, eine Decke und ein Leintuch.

Gästeversorgung

Nur Frauen dürfen im Innern des Klosters beherbergt werden; die Männer sind zu den Mönchen zu weisen; keiner darf unter irgendeinem Vorwand eingelassen werden, es sei denn, dass die Äbtissin vorher befragt worden sei und es befohlen habe. Frauen dagegen sollen ohne weiteres Zutritt haben... Ist eine fremde Nonne als Gast bei Tisch zugegen, so soll sie gastfreundliche Liebe spüren und ihr eine Schüssel mehr verabreicht werden. Wenn sie will, kann sie davon auch den anderen mitteilen. Die Gäste sollen, auch wenn es mehr sind, an dem größeren Tisch Platz nehmen, und die Äbtissin soll sie bedienen und dann nachher mit den Schwestern, die bei Tische bedient haben, essen...

Krankenversorgung

Was Krankheit fordert an Speise, an Bädern oder sonstigen Dingen, das soll ihr ohne weiteres zur Verfügung gestellt werden. Denn hier gilt das bekannte Sprichwort: "Für Kranke gibt es kein Gesetz." Fleisch soll ihnen nicht vorenthalten werden, es sei denn am Freitag, an den Hauptfestvigilien, an den Quatember- und an den Osterfasten... Wenn der Zustand einer Kranken hoffnungslos geworden ist, soll man zu ihrem Vollzug aus dem Mönchskloster zwei Priester von gesetztem Alter und einen Diakon holen. Die sollen das geweihte Öl mitbringen und in Gegenwart der versammelten Schwestern, aber durch eine besondere Wand von ihnen getrennt, die heilige Handlung vollziehen. Ähnlich soll man es auch mit der Kommunion halten, wenn sie nötig geworden ist. Das Krankenhaus muss daher so angelegt sein, dass die Mönche zu diesen Verrichtungen bequemen Zu- und Abgang haben können, ohne den Konvent der Schwestern zu sehen und von diesem gesehen zu werden... Zum mindesten einmal jeden Tag soll die Äbtissin mit der Kellermeisterin die Kranken, und in ihnen Christum, besuchen, um für ihre Bedürfnisse zu sorgen, sowohl in geistlicher als in leiblicher Hinsicht... Geht es mit einer Kranken zu Ende und tritt der Todeskampf ein, so soll alsbald die dienende Schwester mit der Klapper in den Konvent eilen und durch das Geräusch, das sie mit ihr macht, den Tod der Schwester ankündigen, und der ganze Konvent, zu welcher Stunde des Tages oder der Nacht es auch sei, soll zu der Sterbenden eilen, außer wenn kirchliche Pflichten davon abhalten... Als Arznei für die, die es nötig haben, können jederzeit Kräuter oder Wurzeln oder Früchte oder sonstige Heilmittel aufgetragen werden...

Leichenversorgung

Der Leichnam der Verstorbenen soll alsbald von den Schwestern gewaschen, mit einem einfachen, aber reinen Hemd bekleidet und mit Schuhen angetan werden. Dann soll man ihn auf eine Bahre legen und das Haupt mit einem Schleier verhüllen. Die Kleider sollen fest zusammengenäht und dem Körper so angefügt sein, dass kein Spielraum übrig bleibt. Der Leichnam soll von den Schwestern in die Kirche getragen und, wenn es Zeit ist, von den Mönchen bestattet werden. Währenddessen sollen die Schwestern im Oratorium Psalmen singen und sich Gebeten widmen. Die Äbtissin soll bei ihrem Begräbnis nur das vor den übrigen voraushaben, dass ihr Körper in ein härenes Hemd gehüllt und sie darin eingenäht werden soll wie in einen Sack.

Gehorsam

Bei gemeinsamer Beratung steht es jeder Schwester frei, ihre Meinung zu äußern. Aber der Beschluss der Äbtissin soll unumstößlich eingehalten werden, in deren Entscheidung - was immer allen richtig scheinen mag - alles steht, ja sollte sie selbst, was ferne sei, in Irrtum verfallen und das weniger Zweckmäßige beschließen... Es ist uns besser, recht zu tun als das Rechte zu tun, und nicht das soll man abwägen, was geschieht, sondern wie und in welcher Gesinnung etwas getan wird. Alles, was im Gehorsam geschieht, ist gut, wenn es auch keineswegs gut aussieht. In allen Stücken muss darum den Vorgesetzten gehorcht werden, selbst wenn dies zum größten Schaden ausschlüge, wenn nur die Seele nicht dadurch einer Gefährdung ausgesetzt ist... Der Vorgesetzte soll darauf sehen, seine Befehle vernünftig einzurichten, weil die Untergebenen einfach zu gehorchen haben und, wie sie gelobt haben, nicht nach ihrem eigenen Willen handeln, sondern nach dem ihrer Vorgesetzten. Wir verbieten überhaupt, dass jemals die Gewohnheit den Vorzug vor der Vernunft erhalte, und dass etwas damit entschuldigt werde, dass es Gewohnheit sei. Nicht weil etwas Herkommen ist, soll es festgehalten werden, sondern weil es gut ist, und je besser eine Anordnung ist, desto bereitwilliger soll sie aufgenommen werden... Das ist sicher wahr, dass Vernunft und Wahrheit über das Herkommen zu stellen sind. Alles, was kostbar ist, ist selten, und was in Überfluss vorhanden ist, verliert an Wert. Niemand soll in der Ratsversammlung der größeren Partei folgen, sondern der besseren. Nicht auf das Alter eines Menschen soll man sehen, sondern auf seine Weisheit; nicht gutes Einvernehmen, sondern Wahrheit soll man suchen... Sooft eine Beratung nötig ist, soll sie nicht aufgeschoben werden. Wenn über dringende Angelegenheiten zu beraten ist, soll der Konvent zusammengerufen werden; bei der Besprechung weniger wichtiger Dinge genügt es, wenn die Äbtissin einige ältere Schwestern zu sich beruft.

Bestrafung von Vergehen

Man muss übrigens wissen, dass weder ein Kloster noch sonst überhaupt ein Haus ohne weiteres ungeordnet genannt werden darf, wenn irgendetwas Ordnungswidriges darin geschieht, sondern nur dann, wenn derartige Vorkommnisse nicht sorgfältig wieder gut gemacht werden... In der Bestrafung soll eine solche Strenge gelten, dass diejenige, welche bei einer anderen etwas gesehen hat, was wieder gut zu machen ist, und es verheimlicht, einer strengeren Züchtigung unterliegen soll als jene, die es begangen hat. Darum soll niemand säumen, seine eigenen Vergehen wie diejenigen der anderen anzugeben. Diejenige Schwester, die anderen zuvorkommt, indem sie sich selbst angibt..., soll mit einer milderen Strafe wegkommen, wenn sie von ihrem Fehler ablässt. Keine soll die andere zu entschuldigen sich herausnehmen, wenn nicht die Äbtissin, falls ihr der wahre Sachverhalt unbekannt ist, danach fragt. Keine soll sich unterstehen, eine Schwester wegen irgendeiner Verschuldung zu schlagen, außer wer von der Äbtissin dazu beauftragt wird.

Das Männerkloster

Der Abt

Und ich glaube, dass in den Nonnenklöstern die Ordensregel strenger eingehalten wird, wenn sie sich von der Voraussicht geistlicher Männer lenken lassen und für Schafe und Widder ein und derselbe Hirte eingesetzt wird, so dass derjenige, der über die Männer gebietet, auch über die Frauen gebiete und die apostolische Verordnung bestehen bleibe... Wir wollen aber, dass der Vorgesetzte der Mönche, den man Abt nennt, die Aufsicht über die Nonnen in der Weise führe, dass er in ihnen, die Gottes Bräute sind - und er ist Gottes Diener -, seine Herrinnen erblicke, über die nicht zu gebieten, sondern denen nur zu nützen ihn freuen soll... Auch soll der Abt, oder wer sonst die Oberaufsicht hat, nicht mit Umgehung der Äbtissin den Nonnen Anweisung über ihr sittliches Verhalten geben. Auch mit der Äbtissin selbst soll er nicht zu oft und nicht unter vier Augen reden, sondern in Gegenwart von zwei oder drei Schwestern; sein Besuch soll selten sein und die Unterredung kurz... Alle ihre Bedürfnisse soll er mit der Diakonisse besprechen und, ohne sie zu Rate gezogen zu haben, nichts über die Dienerinnen Christi und ihre Angelegenheiten bestimmen, auch soll er keiner von ihnen etwas vorschreiben und mit keiner reden, außer durch sie. Sooft ihn die Äbtissin ruft, soll er nicht säumen zu kommen und soll das, was die Äbtissin selbst oder ihre Untergebenen nötig haben, ohne zu zögern und, so gut er kann, erledigen. Wird er von der Äbtissin gerufen, so soll er stets nur öffentlich und in Gegenwart erprobter Personen mit ihr reden, nicht allzu nahe zu ihr hintreten und sie nicht mit langer Rede hinhalten... Der Abt selbst soll, wenn er eingesetzt worden ist, in Gegenwart des Bischofs und der Schwestern schwören, dass er ihnen ein treuer Haushalter im Herrn sein und ihren Leib vor aller Befleckung des Fleisches sorglich behüten wolle. Und wenn ihn, was ferne sei, der Bischof als pflichtvergessen überführen wird, so soll er ihn wie einen Meineidigen absetzen...

Der Verwalter

Wir stellen die Frauenklöster nur unter die Oberaufsicht von Mönchen und bestimmen, dass aus den Mönchen ein besonders erprobter Mann erwählt werde, dessen Sorge es sein soll, ihre Güter auf dem Lande oder in der Stadt zu überwachen, die nötigen Werkstätten zu errichten und für die sonstigen Bedürfnisse des Klosters zu sorgen, damit die Dienerinnen Christi, allein mit dem Heil ihrer Seele beschäftigt, ausschließlich dem Dienste des Herrn leben und ihren Werken obliegen können. Auch soll, wer von seinem Abte vorgeschlagen wird, sich vom Urteil seines Bischofs bestätigen lassen.

Die Mönche und Laienbrüder

Die Nonnen aber sollen den Mönchen, deren Schutz sie erwarten, die nötigen Kleider anfertigen, wofür sie dann wiederum die Früchte ihrer Arbeit und die Unterstützung ihrer Fürsorge zu genießen haben sollen... Ferne sei es von uns, zu wollen, was auch nur auszusprechen schon eine Sünde wäre, dass die Mönche mit den Jungfrauen Christi in vertrauten Umgang kämen, sondern sie sollen gemäß den Bestimmungen der Regeln und Vorschriften geschieden und getrennt von ihnen leben... Wenn aber das Kloster eine Sendung zu verrichten hat, so mögen dies Mönche oder deren Laienbrüder besorgen. Denn allezeit sollen die Männer für die Bedürfnisse der Frauen sorgen... Da die Verhältnisse es gebieterisch verlangen, bestimmen wir, dass Mönche und Laienbrüder nach der Weise der Apostel und Diakone in den Frauenklöstern diejenigen Besorgungen versehen, die zum äußeren Leben notwendig sind. Und zwar braucht man die Mönche hauptsächlich für die Messen, die Laienbrüder für die sonstigen Arbeiten...

Trennung von Männer- und Frauenkonvent

Doch soll bezüglich der Mönche die Einschränkung gelten, dass sie, entfernt von deren Privatbereich, auch keinen Zutritt in den Vorraum des Klosters haben sollen... Auch alle Brüder sollen bei Ablegung ihres Gelübdes sich den Schwestern gegenüber eidlich verpflichten, dass sie sie in keiner Weise werden belästigen lassen und dass sie für ihre leibliche Keuschheit nach Kräften eintreten werden... Kein Mann soll Zutritt zu den Schwestern haben ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Oberen, und alles, was ihnen von den Schwestern zugeschickt wird, muss durch den Oberen übermittelt und in Empfang genommen werden. Nie soll eine Schwester die Umfriedung des Klosters überschreiten, sondern alle äußeren Angelegenheiten werden, wie gesagt, die Brüder besorgen - die Starken mögen im Schweiß ihres Angesichtes die schwere Arbeit verrichten. Auch soll keiner der Brüder die Umfriedung des Klosters betreten, er habe denn die ausdrückliche Erlaubnis dazu vom Abt und von der Diakonisse, wenn eine dringliche, ehrbare Angelegenheit dies erfordert. Wenn jemand sich untersteht, diesem Gebote zuwiderzuhandeln, soll er ohne Verzug aus dem Kloster ausgewiesen werden. Damit aber die Männer, die stärker als Frauen sind, sich nicht herausnehmen, sie in irgendeiner Weise zu belästigen, so bestimmen wir, dass sie nichts gegen den Willen der Äbtissin sich herausnehmen dürfen, sondern auch sie sollen in allem ihres Winkes gewärtig sein. Alle, Männer wie Frauen, sollen vor der Äbtissin das Gelöbnis des Gehorsams ablegen! Friede und Eintracht werden um so fester gewahrt und besser eingehalten werden, je weniger man dem starken Geschlecht erlaubt. Und die Starken werden sich um so weniger sträuben, den Schwachen Folge zu leisten, je weniger sie deren Gewalt zu fürchten haben und je gewisser es ist, dass der erhöht wird, der sich hienieden vor Gott erniedrigt.


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