Sens

 

Sens liegt am Zusammenfluss der Yonne und der Vanne. Der Ort liegt klimatisch günstig und ist seit prähistorischer Zeit bewohnt. Während der Eisenzeit siedelten hier die Senonen; ihr Führer Brennus nahm 390 vor Christus Rom ein: Vae victis! Einige Jahrhunderte später hielt sich hier Cäsar mit sechs seiner Legionen auf. Die Stadtentwicklung nahm erst danach ihren Anfang. Am Ende des 4. Jahrhunderts nach Christus stieg Sens bereits in den Rang einer Hauptstadt auf und herrschte über Chartres, Orléans, Paris, Meaux, Troyes und Auxerre. Am Ende des 3. Jahrhunderts umgab sich die Stadt wegen drohender Barbareneinfälle mit einer hohen Stadtmauer und verwendete dabei das Baumaterial der galloromanischen Tempel und Nekropolen. Etwa gleichzeitig erreichte auch das Christentum mit den Märtyrern Savinius und Kolumban die Region. Seit 955 wurde Sens Krondomäne und Sitz eines mächtigen Erzbischofs, dessen Prälaten den Titel Primas von Gallien und Germanien trugen. Das 12. und 13. Jahrhundert war jeweils geprägt von Wohlstand und Ruhm: Im Jahre 1135 wurde die Kathedrale durch Erzbischof Henri Sanglier neu errichtet, beim Konzil von 1138 stießen Bernhard von Clairvaux und Abaelard aufeinander; Papst Alexander III. und Thomas Beckett, der Erzbischof von Canterbury, besuchten die Stadt, von König Philipp-August wurde eine Charta der bürgerlichen Rechte erlassen, und der Synodalpalast errichtet. Der Heilige Ludwig heiratete im Jahre 1234 hier Margarita der Provence. Zahlreiche Kirchen und Abteien wetteiferten um das Zentrum der Christenheit. Während des Hundertjährigen Krieges flüchtete sich der Dauphin Charles nach Sens, Heinrich V. von England besetzte es 1420, und die Engländer widersetzen sich dem Einzug von Jeanne d'Arc im Jahre 1429. In diesem Krieg zerstört, erholte sich die Stadt erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts wieder, erfuhr jedoch in den Religionskriegen erneute Zerstörungen: Das Massaker von Sens im Jahre 1562 war wohl das tragischste Ereignis. Im Jahre 1622 wurde Paris Erzbistum. Sens verlor seine Führungsrolle und behielt nur die Städte Troyes, Nevers und Auxerre in seinem Einfluss. Im 18. Jahrhundert verlieh der Kardinal von Luyes, ein Freund des Dauphin, des Sohnes von Ludwig XV., der Stadt erneut Prestige. Aus der Revolution und dem Empire ging sie jedoch erneut geschwächt hervor. Erst im 19. Jahrhundert kam es zum Wiederaufbau: Einrichtung der Eisenbahn im Jahre 1849, Bau von Markthalle und Theater im Jahre 1882, Neubau des Rathauses im Jahre 1904. Seit 1945 stieg die Einwohnerzahl von 17000 auf ca. 27000.

In Sens spielte sich eines der einschneidendsten Ereignisse im Leben Abaelards ab. Zu seiner Verurteilung wurde dort im Jahr vor seinem Tode, am 25 Mai 1141, ein Konzil zusammengerufen. Die Kathedrale Saint-Etienne war damals gerade im Bau. Abaelard lehnte die Zuständigkeit des Konzils ab. Er widerrief seine Thesen nicht, stellte sich aber auch nicht der Disputation, die er zuvor selbst gefordert hatte. Die Gründe für sein Verhalten blieben unklar; vermutlich durchschaute das abgekartete Spiel. Der Versuch Bernhards von Clairvaux, Papst und Kardinäle in seinem Sinne zu beeinflussen, war zu offensichtlich: Schon am Vorabend des Konzils hatte man Abaelards Lehrsätze ex cathedra verurteilt - ohne ihn zu hören. Abaelard verließ die Versammlung und entschloss sich, beim Papst persönlich Berufung einzulegen. Doch zu diesem Appell kam es nicht mehr. Seine Lehre wurde durch das Konzil nach seinem Weggang verurteilt und dabei 14 Thesen als Häresien gebrandmarkt. Einige Zeit später erhob man die Forderung nach lebenslanger Klosterhaft, Publikationsverbot, Verdammung seiner Schriften. Der Papst gab am 16. Juli 1141 diesem Ersuchen statt. Näheres zu diesem Konzil findet man auch unter: Konzil von Sens.

 


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