Petrus Venerabilis

Petrus VenerabilisDer Benediktiner Petrus, bereits zu Lebzeiten von Friedrich Barbarossa der Ehrwürdige - Venerabilis - genannt, war der 9. Abt von Cluny, welches unter ihm sein größte Ausdehnung und Machtfülle erreichte.

Petrus Venerabilis wurde um die Jahre 1092 bis 1094 herum aus dem auvergnatischen Geschlecht der Herren von Montboissier geboren. Im Kloster zu Sauxillanges erzogen, trat er im Jahre 1109 unter dem Abt Hugo in Cluny ein, wurde bald Prior in Vézelay und in Domène bei Grenoble, und am 27. 8. 1122, am Oktavtag des Festes Mariae Himmelfahrt, zum 9. Großabt von Cluny gewählt. Petrus war damals knapp 30 Jahre alt.

Zuvor war sein Vorgänger im Amte, Pontius von Mergueil, nach einer Klosterrevolte und einem Appell der Mönche an Papst Kalixtus - wegen des Abtes Verschwendungssucht - demissioniert. Ein Jahr später besetzte er jedoch, weil er seine Wiedereinsetzung erzwingen wollte, während einer Reise des amtierenden Abtes mit einer Handvoll Getreuen Cluny. Der Konvent spaltete sich, aber durch ein päpstliches Gericht in Rom, bei dem beide Äbte anwesend waren, wurde Petrus in seinem Amte bestätigt. Da starb Pontius plötzlich an Malaria; auch Petrus erkrankte, überlebte jedoch. Erst nach einem Erholungsaufenthalt in Sauxillanges und nach insgesamt zweijähriger Abwesenheit kehrte Petrus nach Cluny zurück.

Petrus war von edlem, liebenswürdigem Wesen, bei ihm paarten sich Energie mit Maß und Milde zu einem harmonischen Ganzen. Er stellte zunächst die unter seinem Vorgänger eingerissenen Mißstände ab, hob die Finanzen und das theologische Studium in der Abtei und vollendete durch Festlegung von 76 Statuten auf den Generalkapiteln von 1132 und 1146 die innere Organisation des Klosters und der Kongregation, die unter ihm Weltbedeutung erlangte.

Basilika Cluny IIIDer aufblühende Zisterzienserorden eines Bernhard von Clairvaux hatte an der cluniazensisohen Bewegung allerhand auszusetzen, besonders an der üppigen Speisekarte der Cluniazenser, an dem reichen liturgischen Leben und an der prachtvollen Ausstattung der gewaltigen Klosterkirchen mit Figurenschmuck. Aber der auf Ausgleich bedachte Petrus nannte Bernhard bald die starke Säule, die infolge eines besonderen Planes der göttlichen Vorsehung das ganze Gebäude des Mönchslebens zusammenhält. Er verstand es, mit Klarheit und Festigkeit im Grundsätzlichen und mit Versöhnlichkeit und Augenmaß die Spannung und Rivalität zwischen Cluny und Clairvaux, die sich in einem Briefwechsel mit Bernhard von Clairvaux manifestierte, zu mildern und auszugleichen.

Kraft seines ganzen internationalen Einflusses trat er im Jahre 1130 für die Anerkennung des Papstes Innozenz II. ein, der anläßlich seines Frankreichaufenthaltes 1131 die neu erbaute Basilika in Cluny einweihte. Damit bezog er Stellung gegen den Gegenpapst Anaklet II., obwohl dieser ein vormaliger Cluniazenser war.

In den geistigen Kämpfen seiner Zeit neigte er weniger zu philosophisch-dialektischer Schärfe in der theologischen Dogmatik, als zu einer durch basistheologische Argumentation getragenen Politik des Ausgleichs und der Versöhnung. Nur vereinzelt neigte er zu Polemik - meist auf Grund des traditionellen kirchlichen Verhältnisses gegenüber Andersgläubigen.

Neben Bernhard von Clairvaux war Petrus Venerabilis sicherlich der bedeutendste Abt seines Jahrhunderts, trat aber in Bezug auf seine kirchenpolitischen Aktivitäten ihm gegenüber um einiges zurück. Petrus Venerabilis verstarb nach einem erfüllten Leben am 25.12.1156 in Cluny.

Seine Schriften, zusammengefasst in Mignes Patrologia Latina Band 189, bestehen aus zeitgeschichtlich wertvollen Briefen, apologetisch-polemischen Traktaten, z. B. gegen die Leugner der Gottheit Christi, Petrobrusianer, Juden, Sarazenen, dem mehr erbaulichen De miraculis, vier Predigten und einigen lateinischen Gedichten. Den Koran ließ er als erster ins Lateinische übersetzen. Der Briefwechsel des Abtes liegt mittlerweile auch in einer kritischen Edition durch G. Constable vor.

Petrus Venerabilis und sein Verhältnis zu Abaelard und Heloïsa

Nach dem Konzil von Sens und der Verurteilung zu ewigem Schweigen und Klosterhaft durch Papst Innozenz war Abaelard ein gebrochener Mann. Doch noch immer hing er seinem utopischen Plan an, in Rom an den Papst zu appellieren. Doch er kam - vermutlich bereits von Krankheit gezeichnet - nur noch bis Cluny. Dort wurde er aus einer einmaligen menschlichen Geste heraus vom bereits vorinformierten Petrus Venerabilis aufgenommen. Petrus hatte ihn sogar mit großer Wahrscheinlichkeit selbst gerufen. Er erreichte in kurzer Zeit die formelle Aussöhnung Abaelards mit Bernhard von Clairvaux und informierte darüber den Papst in Rom. Dieser fast unglaubliche Vorgang spiegelt das besondere diplomatische Geschick des Abtes wider. Darüber sind uns einige Briefe erhalten. Abaelard verbrachte seine beiden letzten Lebensjahre im Konvent von Cluny, mit der Hochachtung des Abtes und dem Respekt und der Anerkennung der Brüder. Petrus Venerabilis ermögliche Abaelard die Fortsetzung seiner Studien. Doch schon nach relativ kurzer Zeit erkrankte Abaelard schwer. Schließlich verstarb er in einem Priorat des Klosters bei Chalon-sur-Saône, wohin ihn Petrus Venerabilis zur Erholung geschickt hatte. Nach seinem Tode übergab Petrus Venerabilis den toten Abaelard an Heloïsa und sprach ihn von seinen Sünden los. Dabei besuchte er auch das Paraklet-Kloster.

Dass Petrus Venerabilis die Lebensbahnen Heloïsas und Abaelard schon seit langer Zeit mit Wohlwollen verfolgt hatte, geht zweifelsfrei aus dem Briefwechsel hervor, den er anlässlich Abaelards Todes mit Heloïsa führte. Dabei ist seine heimliche Schwärmerei, ja seine Liebe für diese nicht zu übersehen. Sie dagegen antwortete dem Abt eher knapp und distanziert. Für diese Vorliebe fand sich mittlerweile auch eine plausible Erklärung. Siehe folgendes Buch:

Erhalten sind mehrere Schreiben, die das freundschaftliche Verhältnis zwischen Petrus Venerabilis sowie Abaelard und Heloïsa bestätigen:

 

Ausführliche Angaben darüber, wie weit die Hilfe des Kluniazenserabtes nach der päpstlichen Verurteilung am 16. Juli 1141 ging, finden sich auch in folgendem Online-Buch:


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